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Tier-Porträt

Das Hausrind

Wer sind eigentlich diese Tiere, die wir nur noch als "Nutztiere" wahrnehmen? Welche natürlichen Verhaltensweisen und Bedürfnisse haben sie und was bleibt davon übrig, wenn ihr Leben in den Dienst der Menschen gestellt wird? In unseren monatlichen Porträts berichten wir darüber: kurz & bündig, aber informativ. Diesmal: das Hausrind.

Text: Tier im Fokus (TIF)

Sie werden bewundert, besungen, verehrt, vergöttert. Auf dem Rücken der Rinder, so heisst es, wurde die westliche Zivilisation erbaut. Inzwischen drohen die Tiere unter dieser Last zusammenzubrechen.

Foto © tier-im-fokus.ch

Domestiziert wurden die heutigen Hausrinder vor mehr als 8.000 Jahren im Nahen Osten. Schon früh dienten sie dem Menschen als Fleisch- und Felllieferanten, sie wurden ins Joch gespannt und als Zugtiere benutzt. Auch gehörten die Rinder zu den ersten Formen der beweglichen Habe und waren fester Bestandteil von Tauschgeschäften. Vieh war immer schon gleichbedeutend mit Besitz.

Heutzutage bevölkern rund 1.5 Milliarden Rinder unseren Planeten und werden überwiegend für die Fleisch-, Milch- und Lederproduktion verwendet. Die Tierindustrie profitiert von dem friedfertigen und sanftmütigen Wesen dieser Tiere. Tatsächlich würden Rinder in Sozialverbänden von 20 bis 30 Tieren leben, wobei vor allem die Beziehung zwischen Kühen und ihren Kälbern besonders eng ist.

Die industrielle Milchviehhaltung aber ist darauf angelegt, diese Bindung gezielt zu durchtrennen. Schon kurz nach der Geburt nimmt man den Müttern – Biokuh hin oder her – ihre Kinder weg. Die Kälber werden häufig mit einem Milchersatz abgefertigt, in „Kälberiglus“ gesperrt, dann nach Geschlechtern sortiert, gemästet und geschlachtet. Auch da macht „Bio“ keinen Unterschied. Wer Milch will, kriegt auch Fleisch.

In den letzten vier Jahrzehnten hat die „Milchleistung“ der Kühe um 30 Prozent zugenommen. Zugleich stieg der Anteil der Krankheiten um bis zu 600 Prozent. Schätzungen zufolge werden 80 Prozent der Milchkühe aus gesundheitlichen Gründen zum Schlachter geführt: jede zehnte Kuh wegen Klauenproblemen, jede fünfte Kuh wegen Euterentzündungen und jede vierte Kuh wegen Fruchtbarkeitsstörungen. Heute lebt eine Kuh im Schnitt noch 4.5 bis 6 Jahre, obschon sie 20 Jahre und älter werden können.

Foto © tier-im-fokus.ch

Davor fristen die Tiere häufig ihr Dasein in Ställen, aufstehen und niederlegen sind die einzigen Bewegungen, die diese sozialen Herdentiere ausführen können. Selbst in sogenannten „Laufställen“ bewegen sie sich kaum mehr als 400 Meter am Tag, obschon Rinder normalerweise eine Strecke von bis zu 13 Kilometern zurücklegen würden.

Neuerdings gelten Rinder als Klimasünder sondergleichen. Einer der Gründe ist das Triebhausgas Methan, das bei der Verdauung von Wiederkäuern entsteht. Aber auch die grossen Mengen an Gülle und die damit einhergehenden Emissionen von Ammoniak machen zu schaffen. Zudem braucht die Viehwirtschaft sowohl für Weideflächen als auch für den Anbau von Futterpflanzen enorm viel Land, das häufig erst noch „gewonnen“ werden muss. Die Rodung des Regenwaldes ist dafür bloss das bekannteste Beispiel.

Entsprechend häufen sich die Stimmen derer, die vor den verheerenden ökologischen Konsequenzen des Rindfleischkonsums warnen. Nach Angaben der Welternährungsorganisation (FAO) ist die Nutztierhaltung für 18 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. In anderen Studien ist sogar von 51 Prozent die Rede.

Rinderbestand weltweit (2008): 1.5 Milliarden
Rinderbestand Schweiz (2009): 1.5 Millionen

Pro-Kopf-Fleischkonsum in der CH
1968
: 17.5 kg
1988: 20.0 kg
1998: 15.0 kg
2008: 14.5 kg

Wasserverbrauch zur Herstellung von 1 Kilogramm Nahrungsmittel („von der Weide bis zum Teller“):
Rindfleisch: 15.000 Liter
Käse: 5.000 Liter
Kartoffeln: 900 Liter
Äpfel: 700 Liter

Lebenserwartung: 20 Jahre
Bullenkälber: 6 Monate
Mastrinder: 12 Monate
Milchkühe: 5 bis 6 Jahre

Quellen: Bundesamt für Statistik // Proviande // FAO 2006

Mehr über das Thema erfahren Sie in unserem Info-Dossier Kühe und ihre Kälber sowie in unseren Artikeln Rinder im Abgastest und Ein Leben in Schwangerschaft.

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