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Tier-Porträt

Die Europäische Seespinne

Ihre Wanderungen sind weit, ihre Tarnkünste bemerkenswert und ihre Häutungen spektakulär. Die Rede ist von der Seespinne. Ihr Pech besteht darin, dass sie im Speiseplan der Menschen angesichts der schwindenden Hummer- und Langustenbestände als Ersatz herhalten muss. Lesen Sie mehr in unserem Porträt des Monats Oktober.

Text: Tier im Fokus (TIF)

Die Europäische Seespinne ist keine Spinne, und sie lebt nicht im See, sondern im Meer. Die Bezeichnung „Spinne“ hat mit den auffällig langen fünf Beinpaaren zu tun. Mit diesen legt sie bis zu beachtlichen 150 Kilometer zurück, wenn sie auf ihrer alljährlichen Wanderung aus den Tiefen der Winterquartiere in die seichten Küstenregionen wandert, wo sie Frühling und Sommer verbringt.

Der winzige Nachwuchs, den das Weibchen in Form von 50.000 bis zu einer halben Million Eier auf sich getragen hat, schlüpft zwischen Juni und Oktober und verbleibt rund zwei Jahre bis zur Geschlechtsreife in Küstennähe. Er wächst spektakulär über rund zehn Häutungen heran. Dabei wird der Rückenpanzer weggedrückt und die „Spinne“ entsteigt um 25 bis zu 40% grösser den harten, alten Gliedmassen.

Die erwachsenen Individuen wandern im Herbst zurück in die 50 bis 120 Meter tiefen Winterquartiere. Ihre auffällig rötliche Panzerung tarnen sie aktiv und gezielt mit abgeknipsten Algen, die sie auf ihrem mit Häkchen versetzten Rückenpanzer platzieren. Wenn die Seespinne ihre letzte Häutung hinter sich gebracht hat, gesellen sich zu den fest auf dem Rücken angewachsenen Algen auch Schwämme, Nesseltiere und Röhrenwürmer dazu. Diese Tarnung wirkt hervorragend gegen tierliche Feinde, nicht aber gegen Reusen, Fang- und Grundschleppnetze.

Reusen an der französischen Westküste: In solchen Netzkörben werden Seespinnen gefangen | Foto @ tier-im-fokus.ch

Die kommerzielle Ausbeutung der Seespinnen begann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Das Gericht der armen Leute wurde zum Lückenbüsser für die schwindenden Hummer- und Langustenbestände. Ihr droht seit Jahren, was ihren „Vorfahren“ wiederfuhr: die vollständige Ausbeutung bis zur Ausrottung; als direkte Folge der gezielten Bejagung der heute bekannten Winterquartiere und als indirekte Folge der Schleppnetze, welche die Refugien der Jungtiere bedrohen.

Im Mittelmeerraum sind die Populationen vom Aussterben bedroht. An der Antlantikküste gibt es partiell saisonale Schutzzeiten. Zum Schutz der Tiere erlaubt die EU eine Bejagung ab einer Panzergrösse von 12 Zentimetern und erreicht damit nur, was sie auch nicht wollen kann: Die zulässige Nutzung dezimiert im Endeffekt die grossen, starken Individuen. Und ansonsten wird munter weitergefischt. Nicht nur die Profis der Fischereibetriebe tun dies, sondern auch „les plaisanciers“ in Stiefeln, die während der Ebbe die Küsten mit Kesseln durchstreifen.

Verbreitungsgebiet: Britische Inseln, Europäische Küsten, Mittelmeer, Nordatlantik

Nahrung: Allesesser: von Algen über tote Tiere bis zum eigenen Tarnungsmaterial

Gewicht // Grösse (erwachsene Individuen):
250 g – 3 kg // 8,5 – 20 cm (Länge des Brustpanzers)

Lebenserwartung: 7-8 Jahre

Bestände: nicht auf der Roten Liste, jedoch gefährdet

Nutzung durch den Menschen: Als kulinarische Spezialität, als Heimtier in Aquarien, als Ausstellungsobjekt in kommerziellen Sea Life Zentren und Zoos

Produktion/Fang (Frankreich): 5.000 Tonnen pro Jahr (ohne Ausbeute der vielzähligen Hobbysammler)

Quellen: World Register of Marine Species // La Cité de la Mer

Video: Verkauf von Seespinnen an der französischen Westküste

[flv:http://www.tier-im-fokus.ch/wp-content/uploads/2013/10/video_seespinne.m4v 450 310]

Video © tier-im-fokus.ch

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