22Jan 13
Buchnotiz
„Von Menschen und anderen Tieren“ (John Gray)
John Gray, Von Menschen und anderen Tieren, dtv-Verlag 2012, 256 Seiten, ca. CHF 15.90
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John Gray, ehemals Professor für Ideengeschichte, ist bekannt für seine provokativen Thesen. Dieses Mal ist es das Selbstbild des Menschen, das der Bestsellerautor ins Visier nimmt. „Abschied vom Humanismus“ heisst das Buch im Untertitel, und tatsächlich will Gray darin demonstrieren, dass sich der Mensch auf einem unheilvollen Irrweg befindet, wenn er sich eine Sonderstellung beimisst und aus dieser Warte aus die Natur und die anderen Tiere wie Ressourcen behandelt, die für ihn da sind und die er nach Belieben ausbeuten darf.
Um diese Sonderstellung zu untermauern, so Gray, bedient sich der Mensch aller Mittel. So auch der Wissenschaft, die belegen soll, wie einzigartig wir sind und in welcher Weise wir uns kategorisch von den übrigen Tieren unterscheiden, oder genauer: abheben. Dabei sei diese Auffassung – häufig „Anthropozentrismus“ genannt – letztlich ein Erbe oder, wie Gray an einer Stelle schreibt, ein „Versprechen“ des Christentums. Die moderne Wissenschaft hingegen würde Gegenteiliges nahelegen. Die Lehre Darwins etwa betone die Kontinuität und Verwandtschaft unter den empfindungsfähigen Lebewesen, womit unweigerlich die Einsicht verbunden sei, dass der Mensch ein Tier unter anderen ist.
Sonderlich neu sind die Thesen in diesem Buch nicht. Dafür versteht es Gray, sie auf eine allgemein verständliche und sogar unterhaltsame Weise vorzutragen. Wer sich zudem nicht an einem bisweilen pathetischen Ton stört (etwa, wenn es um die „Gaia“-Theorie geht) oder daran, dass auf wenigen Seiten, aber mit viel Rhetorik auf alle möglichen (und vermeintlichen) Geistesgrössen – von Kant über Nietzsche bis hin zu Heidegger – eingegangen wird, wird sich an diesem Buch zweifelsohne erfreuen können.
2 Kommentare
Wenn sich meine Artgenossen wieder einmal völlig entrüstet als selbstverständlich etwas Besseres als „ein Tier“ – igittigit – sehen, zitiere ich gern den bekannten Evolutionspsychologen vom Leipziger MPI, Michael Tomasello: Ein Kind, das isoliert auf einer Insel aufwachsen würde, hätte als Erwachsener nicht mehr Geist als ein Affe.
… Was für ein Affe, sagte er nicht.
Dass der Großteil der Menschheit noch immer denkt, etwas Anderes als ein Tier zu sein, hat etwas mit dem aufrechten Gang auf 2 Beinen zu tun u. liegt u.a. daran, dass bereits Säuglinge Kategorien bilden. Dort landen alle Vierbeiner in einer gesonderten Kategorie.
(Aber auch andere Tiere bilden Kategorien aus.
Aber Marc Bonanomi: schließ doch bitte auch die Nicht-Christen in Deine Hoffnung ein: alle Moslems und auch alle Juden.
Denn auch ich denke, solange Menschen fest glauben, sie wären etwas Besseres als „die Tiere“, kann es keinen wirklichen Frieden auf Erden geben.
ich hoffe sehr, dass viele, die noch am christlichen Glauben festhalten, dieses Buch lesen! Ich hoffe, auch den Christen wird langsam bewusst, dass die Tiere unsre Mitgeschöpfe sind, wunderbar geschaffen, und niemals dazu da sind, uns als Nutztiere zu dienen, oder gar in Tierfabriken jeder Freiheit beraubt zu werden.