Für ein tierfreundliches Bern
Tier im Fokus (TIF) kandidiert bei den Wahlen vom 24. November für den Berner Stadtrat. Erstmals überhaupt sollen Tiere in einem Schweizer Parlament vertreten werden. Die Tierrechtsorganisation tritt mit der eigenen Liste 28 an. Das Wahlprogramm liefert eine Idee für eine tierfreundliche Stadt.
Tiere leben mit uns, über uns und unter uns. Sie sind fester Bestandteil unserer Gesellschaft, sei es als Haustiere oder Wildtiere in städtischen Gebieten. Ob beim Bau eines neuen Kreisels im Berner Neufeld oder bei der Umleitung der Aare im Marzili – solche Eingriffe betreffen das Leben unzähliger Tiere.
Dennoch bleiben sie politisch stumm. Das wollen wir mit unserer Kandidatur für den Berner Stadtrat ändern.
Unsere wichtigsten Forderungen sind
- Mehr Tierschutz: Weil Tiere fühlende Wesen und keine Waren sind.
- Mehr pflanzliche Ernährung: Weil die Massentierhaltung die Natur zerstört.
- Mehr Lebensraum für Tiere: Weil wir Artenvielfalt brauchen.
1. Mehr Tierschutz
Tiere werden heute meist wie Waren behandelt: Sie werden ausgenutzt, instrumentalisiert und ausgebeutet. Die Massentierhaltung breitet sich aus, immer mehr Wildtiere sterben aus und viele Tierarten sind bedroht. Das Tierschutzgesetz verkommt zu einem «Tiernutzungsgesetz», das mehr die Interessen der Tierhaltenden schützt als die Tiere selbst.
Städte spielen eine entscheidende Rolle im Zusammenleben von Menschen und Tieren. Als wichtige Akteur:innen im Anthropozän erzeugen sie eine grosse Nachfrage nach Ressourcen, wie Fleisch, Milch und Eier. Um das Tierwohl zu fördern und um der Klimakrise und dem Verlust der Biodiversität entgegenzuwirken, müssen wir Städte tierfreundlicher gestalten.
Daher setzen wir uns für folgende Massnahmen ein:
Tierwohl in der Stadt
- Profesionelles Wildtiermanagement statt private Hobbyjäger:innen: Wir fordern ein Verbot der privaten Jagd und Fischerei, um das Leben der Wildtiere zu schützen und ihre Lebensräume zu bewahren. Jagd und Fischerei verursachen unnötiges Leid und stören das ökologische Gleichgewicht. Stattdessen soll ein professionelles Wildtiermanagement durch staatlich ausgebildete Wildhüter:innen eingeführt werden, wie es im Kanton Genf erfolgreich praktiziert wird. Die Populationskontrolle sollte nach Möglichkeit mit gewaltfreien Methoden durchgeführt werden.
- Kein Zirkus mit Tieren in Bern: Wir fordern ein Verbot von Zirkussen, die Tiere halten. Tiere sollten nicht für Unterhaltung leiden müssen, indem sie zu artfremden Kunststücken gezwungen werden.
- Friedhof für Tiere: Wir setzen uns für die Schaffung eines Tierfriedhofs in Bern ein. Ein solcher Friedhof bietet einen würdigen Ort, an dem Tierhaltende ihre geliebten Tiere besuchen oder von ihnen Abschied nehmen können. Dies ist für etliche Tierhaltende ein Bedürfnis und kann oft nicht befriedigt werden.
- Trinkstationen für Tiere: Trinkstationen sichern Tieren in der Stadt den Zugang zu frischem Wasser, fördern ihre Gesundheit und zeigen Berns Verantwortung gegenüber allen Lebewesen. Wie in anderen Städten aufgezeigt, lassen sich solche Angebote kostengünstig realisieren.
- Zentrale Wildtierstation: Wir setzen uns für eine Anlaufstation zur medizinischen Versorgung von Wildtieren ein. Oft ist unklar, wo verletzte Tiere hingehören. Zudem werden viele Tiere eingeschläfert, obwohl sie gerettet werden könnten.
- Pestizide einschränken: Wir unterstützen das Vorgehen von Stadtgrün Bern, auf chemisch-synthetischen Pestizide in Bern zu verzichten, und fordern dessen Ausweitung auf private Gärten. Diese Gifte schaden zahlreichen Lebewesen, nicht nur sogenannten «Schädlingen».
- Schonende Populationskontrolle statt Vergiften: Wir lehnen die Vergiftung von Tieren ab, da solche Massnahmen unnötiges Leid verursachen und andere Tiere gefährden. Stattdessen setzen wir auf humane und ökologische Alternativen zur Populationskontrolle.
Verantwortungsvolle Haustierhaltung
Wir setzen uns dafür ein, dass Menschen und andere Tiere gut zusammenleben. Dafür möchten wir tierfreundliches Verhalten fördern und verhindern, dass Tiere schlecht behandelt werden.
- Verpflichtender Kurs vor der Tierhaltung: Bevor jemand ein Tier halten darf, soll ein verpflichtender Kurs über artgerechte Haltung, Pflege und Verantwortung absolviert werden. Dies stellt sicher, dass Tierhaltende gut informiert sind und Tiere nicht unüberlegt angeschafft werden.
- Förderung der Adoption: Wir fordern eine enge Zusammenarbeit zwischen der Stadt Bern und lokalen Tierheimen, um sicherzustellen, dass möglichst viele Tiere ein neues Zuhause finden. Durch gemeinsame Kampagnen, Vermittlungsevents und finanzielle Unterstützung kann die Stadt aktiv dazu beitragen, die Zahl der Tiere in Heimen zu reduzieren und gleichzeitig das Bewusstsein für Adoption und verantwortungsvolle Tierhaltung zu fördern. Zudem soll ein Verbot von Qualzuchten helfen, Tierleid zu mindern.
- Behördliche Registrierung von Katzen: Wir fordern die behördliche Registrierung von Katzen, um ihre Rückverfolgbarkeit sicherzustellen und Missbrauch oder Vernachlässigung entgegenzuwirken. Während für Berner Hunde bereits eine Registrierungspflicht besteht, fehlt diese für Katzen noch. Eine Registrierung, wie sie der Kanton Aargau jüngst beschlossen hat, würde auch helfen, die Population zu kontrollieren und das Leid von Streunerkatzen zu reduzieren.
- Kastrationspflicht für Katzen: Eine verpflichtende Kastration von Katzen soll eingeführt werden, um die unkontrollierte Vermehrung zu verhindern und das Leid von streunenden Katzen zu minimieren. Diese Massnahme schützt sowohl die Tiere selbst als auch die Biodiversität. Der Regierungsrat soll Ausnahmen bewilligen können.
- Gesetzliche Erlaubnis für Mieter:innen, Haustiere zu halten: Wir fordern eine gesetzliche Regelung, die es Mieter:innen erlaubt, Haustiere zu halten. Haustiere sind vielen Menschen wichtig und sollten nicht durch Mietverträge ausgeschlossen werden dürfen. Weiter sollten Katzennetze an Balkonen oder -treppen an Fassaden nicht aus ästhetischen Gründen abgelehnt werden können.
Tierpolitik in Bern
Mit unserer Kandidatur wollen wir Tiere politisch vertreten. Eine parlamentarische Repräsentation ist jedoch nicht genug. Um Tiere bei allen politischen Entscheiden zu berücksichtigen, werden wir uns im Stadtrat für Folgendes einsetzen:
- Einrichtung einer Fachstelle für Tierrechte: Diese Fachstelle würde als zentrale Anlaufstelle für alle Fragen rund um Tierschutz und Tierrechte in Bern dienen. Sie würde Politik und Verwaltung bei Entscheidungen, die Tiere betreffen, beraten, Strategien zur Verbesserung des Tierwohls entwickeln und eng mit Tierschutzorganisationen sowie der Bevölkerung zusammenarbeiten.
- Schaffung einer Ombudsstelle für Mensch-Tier-Konflikte: Sie würde als unabhängige Vermittlungsinstanz bei Konflikten zwischen menschlichen Interessen und tierlichen Bedürfnissen fungieren. Die Ombudsstelle würde Beschwerden und Anliegen im Zusammenhang mit Tieren entgegennehmen, zwischen Bürger:innen, Institutionen und Behörden vermitteln und Lösungen fördern, die sowohl menschliche als auch tierliche Interessen berücksichtigen.
- Einführung eines Zukunftsrats: Wir fordern die Einrichtung eines Zukunftsrats, der die Interessen derjenigen vertritt, die keine Stimme in politischen Entscheidungsprozessen haben: Natur, Tiere oder zukünftige Generationen. Dieser Rat aus zufällig ausgelosten Bürger:innen repräsentiert die Vielfalt unserer Gesellschaft und ergänzt die bestehende politische Struktur, indem er Empfehlungen für eine soziale, nachhaltige und langfristig orientierte Politik abgibt.
Mit diesen Demokratie-politischen Reformen wollen wir eine zukunftsweisende Politik gestalten, die Verantwortung gegenüber allen Lebewesen übernimmt und Bern zu einem Vorbild für Tierrechte macht.
2. Pflanzliche Ernährung in der Stadt Bern
Noch vor wenigen Jahren wurde Ernährung als rein persönliche Angelegenheit betrachtet. Heute jedoch ist klar, dass unsere Ernährungsgewohnheiten erhebliche Auswirkungen auf Tierwohl, Klima und Gesundheit haben. Die Produktion von Lebensmitteln, insbesondere von tierlichen Produkten wie Fleisch, Milchprodukten und Eiern, steht im Zentrum globaler Herausforderungen. Heute ist die Ernährung ein Politikum.
Tierproduktion in der Kritik
Jährlich werden weltweit Milliarden von Tieren für die Lebensmittelproduktion gehalten und getötet, oft unter Bedingungen, die nicht artgerecht sind. Schätzungen gehen von 77 Milliarden getöteten Landtieren pro Jahr aus. Recherchen von Tier im Fokus (TIF) haben wiederholt Missstände in der Schweizer Tierhaltung aufgedeckt. Durch eine pflanzliche Ernährung reduzieren wir die Nachfrage nach tierlichen Produkten und damit das Leid unzähliger Tiere.
Die Lebensmittelproduktion trägt massgeblich zu globalen Umweltproblemen bei. Laut dem IPCC-Bericht von 2022 sind Landwirtschaft, Forstwirtschaft und andere Landnutzungen für etwa 21 % der globalen Netto-Treibhausgasemissionen verantwortlich. Insbesondere die Tierhaltung spielt dabei eine bedeutende Rolle. Eine Studie von Poore und Nemecek (2018) in Science zeigt, dass der Verzicht auf tierliche Produkte die Treibhausgasemissionen halbieren und die Landnutzung sogar um drei Viertel verringern könnte.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2015 verarbeitetes Fleisch als krebserregend und rotes Fleisch als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Der tägliche Verzehr von 50 g verarbeitetem Fleisch erhöht das Risiko für Darmkrebs um etwa 18 %. Eine pflanzliche Ernährung kann das Risiko für Herzkrankheiten, Schlaganfälle, Fettleibigkeit, Bluthochdruck, hohen Cholesterinspiegel, Typ-2-Diabetes und verschiedene Krebsarten senken.
Gesellschaftlicher Wandel und politische Rahmenbedingungen
Immer mehr Menschen erkennen den Zusammenhang zwischen unserer Ernährung und den globalen Herausforderungen – und damit steigt auch der Druck auf die Politik, eine nachhaltige Ernährung zu fördern.
Die neuesten Ernährungsempfehlungen des Bundes von 2024 setzen einen deutlichen Schwerpunkt auf pflanzliche Ernährung. In der aktualisierten Lebensmittelpyramide werden pflanzliche Proteinquellen wie Hülsenfrüchte hervorgehoben, während tierliche Produkte eine weniger prominente Position einnehmen. Diese Verschiebung berücksichtigt sowohl gesundheitliche als auch Nachhaltigkeitsaspekte.
Dieser Fokus spiegelt sich in der Gesellschaft wider. Laut dem Plant Based Food Report 2024 von Coop gaben 58 % der Befragten an, bewusst mehrmals im Monat auf tierische Lebensmittel zu verzichten. 28 % konsumieren mehrmals pro Monat pflanzliche Alternativen zu Fleisch, Milch und Käse. Der Absatz pflanzlicher Produkte zeigt ein starkes Wachstum: Fleischersatz-Burger verzeichneten seit 2018 ein Wachstum von 279 %, und mehr als jede siebte bei Coop verkaufte Milch ist inzwischen eine vegane Alternative.
Die Rolle der Stadt Bern
Städte sind entscheidende Akteurinnen bei der Gestaltung nachhaltiger Lebensweisen. Sie beeinflussen massgeblich den Ressourcenverbrauch und können durch gezielte Massnahmen einen grossen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Stadt Bern hat die Chance, eine Vorzeige-Rolle einzunehmen und eine pflanzliche Ernährung aktiv zu fördern.
Dafür setzen wir uns ein
- Förderung pflanzlicher Ernährung in städtischen Einrichtungen: Wir fordern die Einführung von attraktiven und nahrhaften pflanzlichen Gerichten in Schulen, Kindergärten, Universitäten und städtischen Kantinen. Auch bei allen von der Stadt organisierten Veranstaltungen sollen pflanzliche Optionen bereitgestellt werden.
- Bildungs- und Aufklärungskampagnen: Durchführung von Informationskampagnen über die Vorteile einer pflanzlichen Ernährung für Klima, Gesundheit und Tierwohl. Organisation von Workshops und Seminaren für Bürger:innen, Gastronom:innen und Ernährungsfachleute, um Wissen zu vermitteln und Akzeptanz zu fördern.
- Integration in Bildungspläne: Aufnahme von Themen wie nachhaltige Ernährung, Klimaschutz und Tierschutz in den Schulunterricht. Durchführung von Projekttagen und Exkursionen zu Lebenshöfen, um das Bewusstsein der Schüler:innen für diese Themen zu stärken.
- Unterstützung lokaler Initiativen und Unternehmen: Schaffung von guten Standortbedingungen für Start-ups und Betriebe, die pflanzliche Produkte entwickeln oder vertreiben (z.B. Gebührenerlass, Steuererleichterungen).
Eine pflanzliche Ernährung bietet erhebliche Vorteile für Tierwohl, Klima und Gesundheit. Die Stadt Bern hat die Möglichkeit und Verantwortung, diesen Wandel zu unterstützen und voranzutreiben. Durch die Umsetzung unserer Anliegen können wir gemeinsam eine gerechte, nachhaltige und gesunde Zukunft gestalten.
3. Mehr Lebensraum für Tiere
Städte sind nicht nur Wohnorte für Menschen, sondern auch für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Eine rücksichtsvoll gestaltete Stadt kann Lebensräume schaffen, die sowohl dem Wohlbefinden der Menschen als auch der Tiere zugutekommen.
- Tierfreundliche Artchitektur und Stadtnatur: In der heutigen Architektur und Raumplanung werden Tiere oft ignoriert, was zu Problemen wie der Gefährdung von Vögeln durch Glasfassaden führt. Die Berücksichtigung tierlicher Interessen in der Architektur und Stadtplanung kann beispielsweise durch Konzepte wie Animal-Aided Design geschehen.
- Lärm und Stress vermindern: Verkehr und der damit verbundene Lärm beeinträchtigen die Lebensqualität von Menschen und Tieren und schränken ihren Lebensraum ein. Wir setzen uns für die Reduktion von Verkehr und Lärm zum Schutz von Mensch und Tier ein, indem wir flächendeckend Tempo 30 einführen und das langfristige Ziel einer autofreien Stadt verfolgen. Zudem wollen wir Lichtverschmutzung reduzieren, um nachtaktive Tiere zu schützen.
- Mehr Grünflächen und Habitate schaffen: Bern hat grosses Potenzial, Grünflächen auszuweiten und Lebensräume für Tiere zu schaffen. Die Ausweitung und Vernetzung von Grünflächen und Lebensräumen, Entsiegelung versiegelter Flächen («Asphalt knacken»), Begrünung von Fassaden und Dächern sowie die Schaffung von Biotopen und grünen Korridoren, erweitert Lebensräume für Tiere und verbessert das Stadtklima.
- Tierfreundliche Parks und Freilaufareale: Parks sind wichtige Erholungsräume für Menschen und Tiere. Wir setzen uns ein für die Gestaltung tierfreundlicher Parks und die Einrichtung von Freilaufarealen, indem wir Parks mit natürlichen Lebensräumen und Rückzugsorten für Tiere gestalten und ausgewiesene Bereiche schaffen, in denen Hunde frei laufen können.
- Bildung und Aufklärung: Um mehr Biodiversität in der Stadt zu erreichen, ist es wichtig, die Bevölkerung zu informieren. Wir setzen auf städtische Kampagnen, um das Verständnis für Stadtnatur zu fördern, und auf Bildungsprojekte, die Kindern und Jugendlichen die Bedeutung von Artenvielfalt näherbringen.
- Grundrechte für die Aare: Um die Aare als Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten besser zu schützen, fordern wir die Anerkennung der Aare als Rechtsperson mit eigenen Grundrechten, angelehnt an das Modell des Vereins Rechtsperson Reuss. Dies würde ermöglichen, die Aare rechtlich zu vertreten und ihre Interessen im Rahmen von Planungs- und Nutzungsprozessen zu wahren.
- Wildtierhochhaus in Bern: Wir setzen uns für den Bau eines Wildtierhochhauses in Bern ein, das als innovatives Projekt neuen urbanen Lebensraum für Wildtiere schafft. Durch spezielle architektonische Gestaltung bietet es Nist- und Rückzugsmöglichkeiten für verschiedene Tierarten und fördert so die Biodiversität innerhalb der Stadt.
Durch gezielte Massnahmen kann Bern zu einer grünen Oase werden, in der Menschen und Tiere respektvoll zusammenleben. Wir setzen uns für eine tierfreundliche und nachhaltige Stadtgestaltung ein, die die Lebensqualität erhöht, die Biodiversität schützt und als Vorbild für andere Städte dient.
4. Tiere in der Politik
Obwohl Tiere in allen Bereichen unseres Lebens präsent sind, fehlt ihnen eine direkte Vertretung in der Politik. Es ist an der Zeit, ihre Rechte und Bedürfnisse in politischen Prozessen ernsthaft zu berücksichtigen.
Tiere sind empfindungsfähige Lebewesen. Bereits 2012 erklärte die Cambridge Declaration on Consciousness, dass viele Tiere, darunter alle Säugetiere und Vögel, bewusstes Erleben haben. Die New York Declaration on Animal Consciousness aus dem Jahr 2024 ging noch weiter und betonte, dass auch Fische, Reptilien und viele Wirbellose wie Tintenfische, Krebse und Insekten empfindungsfähig sind. Diese Erkenntnisse zeigen, dass Tiere Freude, Schmerz und andere Gefühle erleben können.
In der Schweiz ist der Tierschutz ein Staatsziel. Als weltweit einziges Land schützt die Schweiz die Würde der Tiere, die als Eigenwert definiert ist. Das bedeutet, dass Tiere nicht nur Mittel zum Zweck sind, sondern einen eigenen, inneren Wert haben. Doch in der Raumplanung und unserer Ernährung wird dieser Eigenwert oft ignoriert – Tiere bleiben ohne Mitspracherecht.
Wir von Tier im Fokus (TIF) fordern, dass Tiere in der Politik endlich Gehör finden. Sie benötigen eine Stimme im Parlament, damit ihre Interessen vertreten werden. Das wollen wir mit unserer Kandidatur für den Berner Stadtrat sicherstellen.
Recht auf politische Vertretung für Tiere
In vielen Ländern haben Tierparteien bereits politische Erfolge erzielt und Tieren eine Stimme in der Politik gegeben. Beispiele hierfür sind:
- Partij voor de Dieren (Partei für die Tiere) – Niederlande: Seit 2006 im niederländischen Parlament vertreten, setzt sie sich erfolgreich für Tierrechte und Umweltschutz ein. Ergänzend dazu hat die Partei einen Sitz im Europäischen Parlament.
- Tierschutzpartei – Deutschland: Aktiv in mehreren kommunalen Parlamenten, bringt sie Tierschutzthemen auf die politische Agenda und fördert gesetzliche Verbesserungen für Tiere. Von 2014 bis 2020 hatte die Partei einen Sitz im Europäischen Parlament, verlor diesen jedoch aufgrund des Austritts des gewählten Abgeordneten. Bisher hat sie keine Sitze in Landesparlamenten oder im Bundestag errungen.
- Animal Politics EU: Auf europäischer Ebene formiert sich eine Koalition von Tierrechtsparteien aus sechs Ländern (Deutschland, Niederlande, Portugal, Frankreich, Zypern und Spanien), die bei den Europawahlen 2024 angetreten sind. Deutschland und die Niederlande verteidigten ihren Sitz.
In der Schweiz wurde bisher noch nie eine politische Vertretung für Tiere in ein Amt gewählt. Mit unserer Kandidatur für den Berner Stadtrat verfolgen wir daher ein historisches Ziel: Wir möchten den Tieren erstmals eine direkte Stimme in der Schweizer Politik geben.
5. Über Tier im Fokus (TIF)
Gegründet 2009 ist TIF eine Schweizer Tierrechtsorganisation mit Sitz in Bern. Sie wird unterstützt von 1227 Mitgliedern und 1040 Aktiven (Stand 11.10.2024). Sie finanziert sich über Spenden, Mitgliederbeiträge und Patenschaften für ehemalige «Nutztiere». Ihre langfristige Strategie steht in ihrer Theory of Change.
Unsere Vision
Tier im Fokus (TIF) strebt eine gerechte Welt an, in der Menschen und andere Tiere in respektvoller Koexistenz leben. In dieser Welt sind Tiere gleichwertige Mitglieder der Gesellschaft und werden nicht mehr als Objekte zur Ausbeutung betrachtet. Ihre Interessen, Bedürfnisse und Rechte werden in Politik, Recht und Wirtschaft berücksichtigt. Gemeinsam gestalten Menschen und Tiere eine nachhaltige Zukunft, geprägt von gegenseitigem Vertrauen, Verständnis und Bereicherung.
Unsere langfristigen Ziele
Um diese Vision zu verwirklichen, verfolgen wir vier zentrale Ziele:
- Aufbau einer starken Tierrechtsbewegung: Wir möchten eine einflussreiche, gut vernetzte und engagierte Bewegung fördern, die effektiv für die Rechte und das Wohl der Tiere eintritt. Durch Quantität und Qualität wollen wir wachsen, Bildung fördern und nationale sowie internationale Zusammenarbeit stärken.
- Gewaltfreie Wertschöpfungskette: Wir setzen uns für die Entwicklung und Förderung tierfreundlicher Technologien und Alternativen ein, wie vegane Lebensmittel, Kleidung, kultiviertes Fleisch und tierversuchsfreie Forschung. Unser Ziel ist eine nachhaltige Produktion, die Umweltschäden, Tierleid und soziale Ungerechtigkeit vermeidet.
- Inklusives und egalitäres Weltbild: Wir arbeiten an einem kulturellen Wandel, der speziesistische, egoistische und patriarchalische Denkweisen überwindet. Wir fördern ein ökologisches, empathisches und respektvolles Verständnis der Beziehungen zwischen Menschen und Tieren. Bildung, Sprache und Ethik sind dabei zentrale Elemente.
Multispezies-Demokratie: Wir streben strukturelle Gerechtigkeit für alle empfindungsfähigen Lebewesen an. Durch politische und rechtliche Repräsentation sollen Tiere als gleichwertige Mitglieder unserer Gesellschaft integriert werden. Dies umfasst einen neuen rechtlichen Status für Tiere oder die Abschaffung ihres faktischen Warenstatus.
Unsere Werte
Wir von Tier im Fokus (TIF) setzen uns primär für die Rechte der Tiere ein. Dabei sehen wir die Tierrechtsbewegung als Teil einer grösseren gesellschaftlichen Strömung, die auf eine gerechte und nachhaltige Gesellschaft für alle Lebewesen abzielt. Wir lehnen jegliche Diskriminierung und Ausbeutung ab.
Unsere zentralen Werte spiegeln dieses Engagement wider:
- Nachhaltigkeit und Umweltschutz: Wir fördern eine Lebensweise, die den Schutz der Umwelt und den Erhalt der Biodiversität in den Mittelpunkt stellt. Klimaschutz und verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen sind uns dabei besonders wichtig.
- Soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte: Wir stehen für eine gerechte Gesellschaft, in der alle Menschen unabhängig von Herkunft, Geschlecht oder sozialem Status gleiche Chancen haben. Diskriminierung lehnen wir ab und setzen uns für Chancengleichheit und soziale Teilhabe ein.
- Demokratie und Transparenz: Eine offene und transparente Demokratie ist uns wichtig. Wir fördern Bürger:innen-Beteiligung und direkte Demokratie, um politische Entscheidungen im Sinne der Gesellschaft zu gestalten.
Ethik und Verantwortung: Wir treten für ethisches Handeln in Wirtschaft und Gesellschaft ein. Fairer Handel, soziale Unternehmensverantwortung und nachhaltige Produktionsweisen sollen das Wohl von Mensch, Tier und Umwelt gewährleisten. - Bildung und Bewusstsein: Bildung ist der Schlüssel zu einer aufgeklärten Gesellschaft. Wir setzen uns für ein Bildungssystem ein, das kritisches Denken fördert und ethische Werte vermittelt.
Gewaltfreiheit und Frieden: Wir lehnen Gewalt als Mittel der Konfliktlösung ab und fördern einen respektvollen Umgang miteinander und mit der Natur. Gewaltfreie Kommunikation und Friedensförderung sind uns wichtig.
Mit diesen Werten möchten wir eine Politik gestalten, die das Wohl aller Lebewesen in den Mittelpunkt stellt und eine nachhaltige Zukunft für kommende Generationen sichert.
Weiterführende Links
Die nachfolgenden Materialien skizzieren eine Multispezies-Gesellschaft. Sie spiegeln nicht zwingend die Meinung von Tier im Fokus (TIF) wider.
- Sentientist Politics (2018), Alasdair Cochrane.
- When Animals Speak (2019), Eva Meijer
- Zoopolis (2013), Sue Donaldson & Will Kymlicka
- Political Animals and Animal Politics (2014), Marcel L. J. Schlosberg, David Wissenburg (HG)
- Animal Turn, Tierphilosophie und Animal Mainstreaming (2020), Markus Wild
11 Kommentare
Es freut mich riesig, dass Tier im Fokus am 24. November kandidiert! Das Wahlprogramm entspricht genau dem, was mir schon lange auf dem Herzen liegt, und ich bin froh, dass mit eurer Kandidatur diese Themen endlich Gehör finden. Eure Liste hat definitiv meine Stimme. Viel Erfolg euch!
Hallo zusammen, vielen Dankfür euren Einsatz in diesem dringend nötigen Umfang! Schade wirkt ihr nur für und in Bern. Alle anderen Kantone der Schweiz hätten die gleichen Bedürnisse und die Umsetzung eurer Tier- und Umweltschutzpläne. Weiter so und viel Erfolg!
Danke für eure wertvolle Arbeit, für dieses tolle Wahlprogramm. 🫶🏼
Viel Erfolg!
Ihr seid der Hammer! Genau euch braucht es in der Politik! Danke dass ihr dafür kandidiert!! Werde diese E-Mail an Berner Freunde und Bekannte weitersenden, da ich euch leider selber nicht wählen kann. Ich drück euch von ganzem Herzen alle Daumen, Finger und Zehen :-). Wär ja megacool, wenn ihr einen Sitz im Berner Stadtrat besetzen könntet und so den Tieren ihre bitternötige Stimme geben könntet! DANKE euch von Herzen!!
Bin schlichtweg begeistert,so schade,dass ich nicht mehr in Bern wohnen kann!werde euch unterstützen und dies weiterleiten!