Historisch: Parlament befindet über subjektive Rechte für Tiere
Nationalrätin Martina Munz (SP) schreibt mit einem Vorstoss Geschichte: Erstmals überhaupt befindet das nationale Parlament über subjektive Rechte für Tiere. Zudem fordert die SP-Politikerin eine unabhängige Tieranwaltschaft. Initiiert hat den Vorstoss die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF),
24. März 2024 – Das Postulat «Effizienteren Tierschutz durch Interessensvertretung» von Nationalrätin Martina Munz (SP) plädiert für einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Tieren. Das Problem: «Insbesondere durch die Nutztierhaltung und durch die Haustierzucht wurde eine hohe Abhängigkeit der Tiere zum Menschen geschaffen», schreibt Munz. Abhilfe schaffen sollen subjektive Rechte für höher entwickelte Tiere und eine unabhängige Tieranwaltschaft.
Der Vorstoss ist historisch: Noch nie debattierte das Schweizer Parlament über subjektive Rechte für Tiere, schreibt der renommierte Professor für Wirtschaftsrecht Peter V. Kunz in seinem neuen Standardwerk «Tierrecht in der Schweiz». Er erläutert darin, dass Tiere in der Schweiz zwar juristisch keine Sachen mehr sind, aber weiterhin als solche behandelt werden. Juristisch gesehen bleiben Tiere laut Kunz «atypische Sachen», weshalb sie auf Hochleistung gezüchtet, auf wenig Raum zusammengepfercht und im Akkord industriell getötet werden.
«Als Rechtsobjekte befinden sich Tiere auf der gleichen Stufe wie ein Auto, ein Schrank oder eine Aktie», sagt TIF-Präsident Tobias Sennhauser. TIF kritisiert, dass heute neben dem Menschen lediglich juristische Personen als rechtsfähig gelten. «Wenn unser Verein als Rechtssubjekt gilt, wieso dann nicht auch die Tiere, für die wir uns einsetzen?», fragt Sennhauser. Als Rechtssubjekte, wie Martina Munz es fordert, könnten Tiere von gewissen Grundrechten profitieren. TIF fordert konkret das Recht auf politische und juristische Vertretung von Tieren in öffentlichen Institutionen.
Um dem Nationalrat den gesellschaftlichen Rückhalt zu signalisieren, lanciert TIF eine Petition für eine Tieranwaltschaft und subjektive Rechte für Tiere. Die Petition soll kurz vor der Debatte im Nationalrat bei der Bundeskanzlei eingereicht werden.
Gute Erfahrungen mit Tieranwaltschaft
Die juristische Vertretung wäre in der Schweiz nichts Neues. Von 1991 bis 2010 existierte eine Tieranwaltschaft im Kanton Zürich, die damals weit über die Kantonsgrenzen hinaus für Schlagzeilen sorgte. Bei einer Revision der Strafprozessordnung wurde sie jedoch en passant abgeschafft.
Kommt es heute zu Tierquälerei, hat lediglich die Täterschaft ein Recht auf eine juristische Verteidigung. Eine Tieranwaltschaft könnte diese Aufgabe für Tiere übernehmen. «Da die Tiere vor Gericht nicht vertreten werden, wird oft zu ihren Ungunsten entschieden», so Sennhauser. Eine Tieranwaltschaft würde somit den Vollzug des Tierschutzgesetzes verbessern.