10Mai 18
Medienmitteilung
SRG-Ombudsstelle stützt verdeckte Recherche in Tierfabriken
Anfang Jahr zeigte «10vor10» verdeckte Aufnahmen über das Leiden von Schweizer Masthühnern. Daraufhin reichte Micarna, die Fleischfabrik der Migros, Beschwerde bei der Ombudsstelle der SRG ein. Diese rechtfertigt nun die verdeckte Recherche.
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Im Januar 2018 veröffentlichte die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF) schockierende Aufnahmen aus fünf Schweizer Hühnermast-Anlagen und stellte diese Aufnahmen der Redaktion «10vor10» zur Verfügung. Die Sendung recherchierte anschliessend zum Thema Hühnermast und strahlte am 30.01.2018 einen Fernsehbericht aus.
Beschwerde abgelehnt
Nach der Ausstrahlung legte Micarna Beschwerde bei der Ombudsstelle der SRG ein. Aus Sicht der Schlachtfabrik der Migros widerspricht der Beitrag zahlreichen publizistischen Leitlinien des Schweizer Radios und Fernsehen und des Schweizer Presserats. Im Beitrag würden Fakten und Meinung vermischt, Zitate im falschen Kontext verwendet und Aussagen ungeprüft wiedergegeben. Ausserdem kritisiert Micarna, dass «10vor10» verdeckte Aufnahmen verwendet hat. Die Ombudsstelle der SRG erteilt Micarna nun eine klare Absage. In einer Mitteilung schreibt Ombudsmann Roger Blum, dass in der betreffenden Sendung alle wesentlichen Fragen gestellt und behandelt wurden. «Die verschiedenen Parteien kamen zu Wort, konnten ihre besten Argumente vortragen und auf Kritik reagieren.» Blum findet keine ausreichenden Gründe für eine Unterstützung der Beanstandung.Öffentliches Interesse rechtfertigt verdeckte Aufnahmen
Mehr noch: Roger Blum betont, dass die verdeckte Recherche «ausnahmsweise zulässig ist, weil die problematischen Zustände nur auf diese Weise dokumentiert werden konnten.» Er gibt damit dem Redaktionsleiter von «10vor10», Christian Dütschler, Recht. In seiner Stellungnahme zu den Vorwürfen von Micarna rechtfertigt Dütschler die Verwendung von verdeckten Aufnahmen mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das vielbeachtete Urteil aus dem Jahr 2015 kam zum Schluss, dass bei überwiegendem öffentlichem Interesse der Einsatz der versteckten Kamera möglich sein muss. Christian Dütschler: «Hier ist das überwiegende öffentliche Interesse klar zu bejahen, da die Frage, wie Fleisch produziert wird, eine Diskussion ist, die eine Grosszahl der Konsumenten betrifft.» Erst vor wenigen Wochen kam es in Deutschland zu einem ähnlichen Urteil. Dabei wurden verdeckte Ermittler*innen der deutschen Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch (ARIWA) vom Vorwurf des Hausfriedensbruch freigesprochen. Sie waren vom Besitzer einer Schweinefabrik angeklagt worden, weil sie illegal in seinem Stall gefilmt hatten. Das Gericht sah das Rechtsgut Tierschutz in einer Art verletzt, die den begangenen Hausfriedensbruch rechtfertigte.«Ein wegweisender Entscheid»
Tobias Sennhauser, Präsident Tier im Fokus (TIF), begrüsst den Entscheid der Ombudsstelle der SRG. «Mit der Beschwerde hat sich Micarna ins eigene Fleisch geschnitten.» Die Skandalisierung des «10vor10»-Beitrages habe die Kritik an der Schweizer Hühnerindustrie weiter verbreitet. «Wie empfindlich der Beitrag Micarna getroffen hat, zeigen ihre haltlosen Anschuldigungen in Richtung SRF und TIF.» Seit vielen Jahren bekommt TIF verdeckte Aufnahmen anonym zugestellt. Sennhauser betont deren Bedeutung: «Verdeckte Aufnahmen decken die Realität in der Tierindustrie schonungslos auf, und sie entlarven ihre Werbelügen.» Verdeckte Aufnahmen seien ein Mittel zur Transparenz, wovor sich die Tierindustrie fürchte. Sennhausers Fazit ist deshalb eindeutig: «Das ist ein wegweisender Entscheid für die Tierrechtsbewegung.»Weitere Materialien zur Kampagne «Hühner-Schwindel»:
- Petition: www.hühner-schwindel.ch
- Medienmitteilung zur Kampagnen-Lancierung
- Hühner-Schwindel: Jetzt werden die Verantwortlichen angezeigt, gemeinsame Medienmitteilung mit der Stiftung für das Tier im Recht (TIR)
- Unlauter! Tier im Fokus legt Beschwerde gegen Fleischwerbung ein
- Studie zeigt: Der Bund täuscht die Bevölkerung