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Buchnotiz

Konsumrebellen – Der Mythos der Gegenkultur (Joseph Heath & Andrew Potter)

Joseph Heath & Andrew Potter: "Konsumrebellen – Der Mythos der Gegenkultur" Freitag Mediengesellschaft 2009 431 Seiten, ca. CHF 26.--

Text: Tier im Fokus (TIF)

Joseph Heath & Andrew Potter, Konsumrebellen – Der Mythos der Gegenkultur, Freitag Mediengesellschaft 2009, gebunden, 431 Seiten, ca. CHF 26.– Die Kritik ist vernichtend: Hippies, Ökos, Anarchos, KonsumkritikerInnen – ihre Kulturrevolte ist eine „Scheinrebellion“, wettern die Autoren Joseph Heath und Andrew Potter. Tatsächlich hätten diese Konsumrebellen das kapitalistische System beflügelt, anstatt es zu überwinden. Für Konsumrebellen gelte es wie im Film The Matrix auszubrechen: Die Kultur ist ein „ideologisches System“, das im Zeitalter des Kapitalismus eine Massengesellschaft von KonformistInnen produziert. Sie sehen darin ein von Werbung und Marken dominiertes Unterdrückungssystem. Nur: die Gegenkultur beruht auf einer falschen Gesellschaftstheorie, argumentieren die kanadischen Autoren. Was den Konformismus bekämpft und den Individualismus fördert, sei ein Motor neuer Konsumtrends und heize damit den Konsumismus an. Selbst „Konsumverzichtsideen beruhen auf dem gegenkulturellen Glauben, dass ein gesellschaftlicher Wandel auf einen Bewusstseinswandel hinausläuft“. Die Gegenkultur verherrlicht in den Augen der Autoren gesellschaftsfeindliches Verhalten. Dabei bräuchte es Veränderungen auf der Ebene von Institutionen, doch hier liegt der „Kardinalfehler der Gegenkultur“: die Ablehnung institutioneller Problemlösung. Konsumrebellen regt zum (selbst)kritischen Denken an. Leider greifen die Autoren des Öfteren auf Polemik zurück. So verwerfen sie den Anarchismus wegen seiner angeblichen Regellosigkeit. Auch der Feminismus ist gemäss Heath/Potter dem „Mythos der Gegenkultur“ verfallen, anstatt auf politische Reformen zu setzen. Und die von der Gegenkultur geprägte Alternativmedizin sei für die gigantische Verschuldung des US-Gesundheitswesen verantwortlich. Mit derlei Pauschalurteilen unterwandern Heath und Potter ihre Glaubwürdigkeit. Was bleibt, ist eine 400 Seiten starke Kulturgeschichte, die Szenen, Bewegungen und Utopien sowie deren kulturellen Output analysiert. Polemik hin oder her: die Lektüre ist ein Denkanstoss schlechthin!
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1 Kommentar

martin
vor 9 Jahre

shepard fairey der jetzt werbung für nike macht… korrupt – stimmt also leider teilw. schon. muss ich mir aber wegen dem geschichtlichen doch besorgen aber lese lustigerweise momentan Buch mit ganz ähnlichem Titel: „Konsumguerilla“ von einer Birgitt irgendwas.

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