6Dez 14
Buchnotiz
„Essen kann jeder!“ (Philipp Weber)
Philipp Weber: "Essen kann jeder!" Karl Blessing Verlag 2013 272 Seiten, ca. CHF 30.--
Archiv
Dies ist ein Beitrag von unserer alten Website. Es ist möglich, dass Bilder und Texte nicht korrekt angezeigt werden.
Philipp Weber, Essen kann jeder!, Karl Blessing Verlag 2013, Taschenbuch, 272 Seiten, ca. CHF 30.–
Gammelfleischskandale, kleingedruckte Zusatzstoffe oder Antibiotikarückstände – da kann einem durchaus der Hunger vergehen. Abhilfe schafft der studierte Chemiker und Komiker Philipp Weber mit einem komischen Überlebensführer durch den Ernährungsdschungel.
„Ich habe mit 18 weniger über meine Berufswahl gegrübelt als heute mit 38 über ein einziges Mittagessen“, konstatiert Weber. Zu denken geben ihm „Inhaltslisten des Grauens“ oder Aromen, wohinter sich über 2.500 verschiedene chemische Substanzen verstecken. Diese würden auch in der Tiermast eingesetzt. Weber rät: „Essen Sie nichts, was Sie nicht aussprechen können“. Von Panikmache hält er indes wenig, sieht jedoch grundsätzliche Probleme. Die Nahrungsmittelindustrie befindet sich für Weber längst in den Fängen von Marketing- und Werbeagenturen. „Vom Übergewicht der Menschen ernährt sich eine milliardenschwere Industrie“. Ihr Geschäftsmodell: Diätprodukte, die hungrig machen. Auch den ökologischen Folgen der Ernährung ist sich der Autor bewusst. Die „Überfischung gehört ohne Zweifel zu den akutesten Umweltproblemen unserer Zeit“. Zuchtfische sind laut Weber derart mit Chemikalien und Antibiotika vollgepumpt, dass sie auch „als Penicillinzäpfchen zu gebrauchen“ wären. Der Konsum hat für ihn auch eine politische Komponente: „eine der letzten Partizipationsmöglichkeiten für den politikverdrossenen Bürger“. Zum Schluss knöpft sich der Autor die Fleischindustrie vor. „Grasende Kühe sind weder Klimakiller noch Essensvernichter“, findet Weber, doch das „Argument des Speziesismus [ist] trotzdem nicht ganz von der Hand zu weisen“.
Was Lösungsvorschläge anbelangt, ist Weber unglaubwürdig. So empfielt er etwa das MSC-Siegel bei Fischprodukten, das er später – zu Recht – kritisiert. In Sachen Fleischkonsum plädiert er für das altbekannte, aber unbewährte „weniger Fleisch“. Nichtsdestotrotz hebt sich die mit Humor servierte Konsumkritik erfrischend von anderen Publikationen ab.
1 Kommentar
Ich finde überhaupt nicht, dass Philipp Weber den Anspruch erhebt neue Lösungen zu bieten. Sein im Vorwort klar formuliertes Ziel ist es Licht in den Dschungel der Ernährung zu bringen und oft verhandelte Mythen, reproduzierte Halbwahrheiten und gängige Vorstellung zu prüfen und zu ordnen. Dies macht er nicht aus der Perspektive des Expertentums, sondern aus der Sicht des gesunden Menschenverstandes. Und das alles mit viel Humor. Wobei man schnell merkt, dass er profunde Kenntnisse von der Materie besitzt. Sein Buch ist aber kein ernährungspolitisches Manifest. Es ist ein sehr realitätsnaher Ratgeber, der aufzeigt, welche Dinge beim Einkaufen wichtig sind und welche man weniger dogmatisch angehen kann. Und dass Philipp Weber dem Thema Tierschutz höchste Priorität einräumt, wird ja wohl vollkommen klar. Als Vegetarierin fühlte ich mich durch sein Buch sehr bestärkt. Auch wenn er nicht zu totalen Fleischverbot aufruft. Und das wichtigste: Das Buch ist nun mal saukomisch!