So ticken die Veganer*innen in der Schweiz
Die vegane Bewegung in der Schweiz boomt seit Jahren. Im Vegan Barometer 2019 wurde sie nun erstmals umfassend analysiert. Die Studie durchgeführt hat die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF).
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Der Vegan Barometer 2019 ist eine Studie zur veganen Bewegung in der Schweiz. Erstmals überhaupt erfasst er wichtige Kennzahlen und räumt mit diversen Vorurteilen auf. Der Vegan Barometer 2019 wurde von der Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF) geplant, durchgeführt und ausgewertet. Er basiert auf einer Umfrage, an der 2.412 Personen aus der Deutschschweiz und Romandie im Juni 2019 teilgenommen haben.
Inhalt
Für die Tiere und das Klima
Die Motive der Veganer*innen sind eindeutig: 95 Prozent geben die Tiere (Ethik) und 77 Prozent die Umwelt als Gründe für ihre vegane Lebensweise an. Nicht unwichtig sind mit 56 Prozent auch gesundheitliche Gründe. Dahinter werden mit 34 Prozent die Verringerung des Welthungers sowie 9 Prozent religiöse Gründe genannt.
Der Weg zur veganen Lebensweise ist unterschiedlich. Weniger wichtig als erwartet ist Social Media. Nur 12 resp. 14 Prozent liessen sich auf Instagram und Facebook inspirieren, auf YouTube immerhin 25 Prozent. Wichtiger als vermutet sind hingegen Bücher. 25 Prozent der Leute gaben an, via Bücher vegan geworden zu sein. Am wichtigsten bleibt indes das soziale Umfeld: 32 Prozent der Leute wurden durch ihre Freund*innen vegan.
Insgesamt wird Veganismus als recht einfach betrachtet. Auf einer Skala von «1» (einfach) bis «5» (schwer) bewerteten 83 Prozent das Vegan-Sein mit «1» oder «2», weitere 17 Prozent mit «3» oder «4». Am einfachsten («1») gelingt der Verzicht auf Fleisch mit 91 Prozent, 72 Prozent bei Eiern und 67 Prozent bei Milch und Milchprodukten. Am meisten fehlt den Veganer*innen der Käse: Nur 44 Prozent antworteten mit «1».
Viele Junge ungläubige
Die Jungen leben tendenziell eher vegan. Die meisten Veganer*innen sind mit 71 Prozent zwischen 18 und 39 Jahre alt. Immerhin 25 Prozent sind 40 bis 64 Jahre alt. Vernachlässigbar sind hingegen die 2 resp. 3 Prozent, die unter 17 resp. über 65 Jahre alt sind.
79 Prozent der Veganer*innen gehören keiner Glaubensgemeinschaft an. 9 resp. 7 Prozent gehören der Evangelischen resp. Römisch-Katholischen Kirche an. Nur gerade 8 Prozent glauben an einen Gott. 37 Prozent bezeichnen sich indes als spirituell, weitere 26 resp. 12 Prozent als atheistisch resp. agnostisch.
Zahlreiche Vorurteile entkräftet
Wider erwarten leben vegane Menschen nicht nur in Städten. Zwar wohnen 44 Prozent in der Stadt und weitere 30 Prozent in der Agglomeration. Doch immerhin 25 Prozent der Veganer*innen leben auf dem Land. Ein weiterer Irrtum betrifft das Geschlecht. Anders als andere Studien behaupten, ist die vegane Bewegung primär weiblich: 79 Prozent Frauen stehen 19 Prozent Männern gegenüber.
Ein weiteres Vorurteil gegenüber Veganer*innen betrifft den angeblich hohen Bildungsgrad. Der Vegan Barometer 2019 widerlegt dies: 24 Prozent verfügen über eine berufliche Grundausbildung, weitere 17 Prozent über eine höhere Berufsausbildung. Einen Bachelor- resp. einen Masterabschluss haben nur 17 resp. 15 Prozent.
Dass Veganer*innen keiner gebildeten Elite angehören, zeigt sich auch im Einkommen: 29 Prozent verdient weniger als CHF 2.000.– im Monat, 52 Prozent verdienen CHF 2.000.– bis 6.000.– im Monat, 19 Prozent verdienen CHF 6.000.– und mehr.
Vegan in der Mitte der Gesellschaft angekommen
Mit 79 Prozent ist der Frauenanteil ist in der veganen Bewegung besonders hoch. Die Gründe dafür liegen etwa im Patriarchat: Männer müssen stark sein und ihre Gefühle verbergen, Frauen hingegen dürfen ihr Mitgefühl zeigen. Fleischessen wird zudem immer noch mit Männlichkeit verbunden.
Mit Religion haben Veganer*innen offenbar wenig am Hut. Das erstaunt nicht: Die Kirche ist massgeblich beteiligt an der gesellschaftlichen Abwertung der Tiere. Wer den Speziesismus ablehnt, bricht mit vielen religiösen Werten, etwa der Sonderstellung des Menschen im Kosmos.
Erfreulich sind die Erkenntnisse im Vegan Barometer 2019 zu Bildung, Einkommen und Wohnort. Die Vielfalt der Bewegung zeigt, dass wir in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. Vegan sei für alle eine Option, nicht nur für einzelne Privilegierte in der Stadt.
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