„Wie ich verlernte, Tiere zu essen“ (Marsili Cronberg)
Witzig, unkonventionell, informativ: Marsili Cronberg, ein Blogger aus der Zukunft, wirft in seiner Geschichtesammlung "Wie ich verlernte, Tiere zu essen" einen Blick auf alte Weisheiten und ewige Vorurteile rund ums Fleischessen. Eine Rezension von Tobias Sennhauser.
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Marsili Cronberg, Wie ich verlernte, Tiere zu essen, Echo Verlag 2011, ca. CHF 18.–
Es ist noch nicht lange her, als sich Marsili Cronberg zum ersten Mal ausgiebig mit VeganerInnen beschäftigte und er plötzlich verstand, wieso sie ihre Sache so ernst nehmen. In seinem ersten Buch mit dem Titel „Wie ich verlernte, Tiere zu essen“ geht es deshalb nicht um „sentimentalen Tierschutz“, sondern, wie Cronberg meint, um ein „Weltthema“. Das Buch ist primär an Neulinge und Interessierte gerichtet, was den Autor aber nicht daran hindert, seine Ansammlung von Geschichten mit harten Fakten über Gesundheit, Ökologie oder Nutztierhaltung zu untermauern.
Wer hat ein Argument?
Marsili Cronbergs Buch beginnt mit dem bereits 2009 in einem Blog des „Kölner Stadtanzeigers“ erschienenen Artikel „Veganer sind auch nur Menschen“, der Geschichte eines Omnivoren, der sich über mahnende und rechthaberische VeganerInnen nervt und daraufhin beschliesst, der Sache auf den Grund zu gehen – im digitalen Zeitalter mit Hilfe von Suchmaschinen kein Problem.
Die Geschichte des Omnivoren endet ernüchternd: „Es gibt kein nicht entkräftbares Argumente für Fleischkonsum“ – woraufhin Cronberg es selbst wissen wollte und im Internet schnurstracks einen Preis aussetzte für die erste Person, die ihm ein solches Argument für Fleischkonsum liefert.
Es selber in die Hand nehmen
Cronberg widmet sich nicht nur den hartnäckigsten Vorurteilen gegenüber dem Veganismus, sondern weitet das Thema aus und nimmt auch Wirtschaft und Politik aufs Korn. Es sei, so Cronberg, „ein tragischer Denkfehler, Verantwortung von Wirtschaft und Politik zu erwarten.“ Auch deshalb plädiert der Autor für eine Veränderung des Konsumverhaltens und für mehr Eigeninitiative bei der Informationsgewinnung.
Das betrifft freilich auch die Ernährung, auf die Cronberg in der zweiten Hälfte seines Buches eingeht: Eigentlich sei die vegane Ernährung uralt, nur das Wort ist neu. Die meisten Menschen würden immer wieder vegan kochen, ohne es zu bemerken. So verdeutlicht Cronberg mit zeilenlangen Aufzählungen von Nahrungsmitteln, dass unsere Supermärkte tatsächlich voll mit veganen Produkten sind. Tiere essen hingegen sei „eine schlichte Gewohnheit, gestützt auf den Irrglauben, dass Tierprodukte unverzichtbar für die menschliche Gesundheit sind“.
Mit Witz gegen Vorurteile
„Wie ich verlernte, Tiere zu essen“ versucht mit alten Weisheiten und Vorurteilen aufzuräumen und schafft damit Platz für neue Gedanken über ein bewusstes und verantwortungsvolles Konsumverhalten.
Mit knapp 150 Seiten und ebenso vielen Abbildungen aus dem Comic „Happy without Meat“ von LINGUINI handelt es sich um eine bündige Lektüre. Wer jedoch nach Hintergrundinformationen sucht, wird an Grenzen stossen und um weitere Recherchen nicht herumkommen.
Als weiterer Kritikpunkt seien hier die von der Veganisierung bedrohten Arbeitsplätze erwähnt. Cronberg begnügt sich mit einer ironischen Darstellung dieser Problematik und dreht den Spiess einfach um: „Die industrialisierte Massentierhaltung hat allein in Deutschland bislang eine halbe Million Arbeitsplätze vernichtet.“ Dabei ignoriert der Autor, dass beispielsweise die Abschaffung der Nutztierhaltung für die einzelnen ArbeitnehmerInnen durchaus einen grossen Verlust bedeuten würde, was unter Umständen ein wichtiges politisches Argument gegen die Abschaffung sein könnte.
Nichtsdestotrotz bleibt am Ende eine witzige, unkonventionelle und kurzweilige Lektüre rund um eine der meistdiskutierten Fragen der Gegenwart: „Ist es noch zeitgemäss, Tiere zu essen?“
Marsili Cronberg ist ein Blogger aus dem 23. Jahrhundert und versorgt die gegenwärtige Community immer wieder mit „Nachrichten aus der Zukunft“. Mehr dazu auf seiner Website rund um eine geheimnisvolle Welt.
Tobias Sennhauser studiert gegenwärtig an der Universität Fribourg Philosophie und ist Aktiv-Mitglied bei tier-im-fokus.ch (tif). Er recherchiert v.a. im Bereich der „Nutztierhaltung“. Weitere Artikel von ihm hier.
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