Flächendeckende Missstände in Schweizer Schweineindustrie
Kranke, verletzte und tote Schweine – umfangreiche verdeckte Aufnahmen aus sechs Kantonen enthüllen schockierende Zustände in Schweizer Ställen. Dies obwohl zur Zeit der Filmaufnahmen verschärfte Kontrollen in der Schweinehaltung angekündigt waren. Die Folge: Neun Anzeigen wegen mehrfacher Tierquälerei.
Text: Tier im Fokus (TIF)
Archiv
Dies ist ein Beitrag von unserer alten Website. Es ist möglich, dass Bilder und Texte nicht korrekt angezeigt werden.
In einer Schweinemast schläft ein Schwein auf nacktem Beton, immer wieder wird es von einem heftigen Keuchhusten geschüttelt. Anderswo türmen sich tote Ferkel in einem Abfallkübel. In einem dritten Betrieb kauen verhaltensgestörte Schweine den Ringelschwanz eines Artgenossen blutig. In vielen weiteren Ställen leben die Schweine inmitten ihrer Exkremente.
https://www.youtube.com/embed/z8X8QlEPzbU
«In der Massentierhaltung führen die Schweine ein jämmerliches Leben», sagt Tobias Sennhauser, Präsident Tier im Fokus (TIF). Selbst grundlegende Bedürfnisse würden in der Schweiz systematisch missachtet. Schweine dürfen immer noch auf dem nackten Beton oder in Kastenständen gehalten werden und kaum eines hat Zugang zur Weide. «Wir sollten uns von der Vorstellung verabschieden, dass Schweizer Schweine glücklich sind», so Sennhauser.
Die Aufnahmen entstanden zwischen April und Dezember 2019 und wurden anonym der Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF) zur Verfügung gestellt. Sie stammen aus insgesamt 13 Betrieben in den Kantonen St. Gallen, Solothurn, Bern, Luzern, Zürich und Aargau.
9 Anzeigen wegen mehrfacher Tierquälerei
Die Stiftung für das Tier im Recht sichtete das Material von TIF – und reagierte prompt: Gegen neun Tierhalter reichte sie Anzeige wegen Verstoss gegen das Tierschutzgesetz ein. Der Vorwurf: mehrfache Tierquälerei sowie mehrfache Missachtung der Vorschriften über die Tierhaltung.
Kranke und verletzte Tiere müssen gemäss Tierschutzgesetz von der Herde isoliert und behandelt werden. Manche Bauern überlassen diese Tiere jedoch ihrem Schicksal. «Ein Schwein mit abgebissenem Schwanz, das von seinen Artgenossen weiter malträtiert wird, erfährt offensichtlich nicht die nötige Pflege», sagt Vanessa Gerritsen, stv. Geschäftsleiterin von Tier im Recht.
Das Tierschutzgesetz schreibt vor, dass sich Schweine permanent mit Stroh oder Raufutter beschäftigen können. Trotzdem ignorieren viele Bauern diese Vorschrift und gefährden so das Wohl der Tiere. «In mehreren Betrieben zeigen die Schweine deutliche Verhaltensstörungen in Form von Stangenkauen, was ein klares Indiz für Langeweile und Stress darstellt», so Gerritsen.
Die Bauern waren gewarnt
Just in dem Zeitraum, in dem die Aufnahmen entstanden, lief ein Schwerpunktprogramm zu Tierschutzkontrollen in der Schweinehaltung im Auftrag des Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Bei vertieften, unangemeldeten Kontrollen wurden etwa das vorgeschriebene Beschäftigungsmaterial sowie die Betreuung von kranken oder verletzten Tieren geprüft. Das BLV kündigte das Schwerpunktprogramm frühzeitig an, wovon man sich eine «präventive Wirkung» erhoffte.
Die TIF-Recherche zeigt, dass die Warnung des BLV wirkungslos verpuffte. «Viele Landwirte missachten systematisch die Regeln, selbst wenn Kontrollen angekündigt wurden», so Sennhauser. In der Fleischindustrie könne das Wohl der Schweine nicht garantiert werden. TIF plädiert deshalb für einen Paradigmenwechsel: Grundrechte für Schweine.
Keine Verbesserungen seit 2014
2014 sorgte TIF mit dem Schweine-Report für nationales Aufsehen. Die Kampagne zeigte verstörende Aufnahmen aus 10 Schweizer Zucht- und Mastbetrieben. Wie die aktuellen Bilder zeigen, hat sich die Situation für die Schweine seither nicht verbessert.
Ich habe im Juni 2020 einen Bio.suisse Betrieb wegen blutiger Schwänze beim Veterinäramt angezeigt. Die gingen vorbei, aber es sei alles i.o.
Der Bauer wollte mir ne Führung andrehen, aber ich habe ihm durch das Veterinäramt ein Nein ausrichten lassen.
Das Veterinäramt kennt diesen Bauer wohl… im schlechten Sinn natürlich. Darum gingen sie relativ schnell vorbei.
Es macht mich unendlich traurig.
Livia Keller
vor 3 Jahre
Weil ich sowas mit eigenen Augen selbst gehen habe vor über 10 Jahren, esse ich kein Fleisch mehr. Schrecklich, dass sich immer noch nichts geändert hat.
Hansjörg Lienhard
vor 3 Jahre
Alle Tiere verdienen ein Leben in Freiheit! Diejenigen die Fleisch konsumieren schauen sich solche Bilder gar nicht an! Auch wer wegschaut ist damit einverstanden, mitschuldig. Es ist einfach erbärmlich, der Bewusstsseinstand der Menschheit!
Regina
vor 4 Jahre
Bin tief betroffen ob diesem Beitrag, den Fotos, die für sich sprechen. Danke für Eure Stimme für diese Schweine.
Im Zuge unserer Kampagne Eier-Leier berichteten unzählige Medien über die Missstände in der Schweizer Eierindustrie. Unterstütze unsere Arbeit mit einer Spende!
Auf die flächendeckenden Missstände in der Schweizer Schweine-Industrie reagiert nun die Politik: Die grüne Nationalrätin Meret Schneider (ZH) hat in der Sommersession eine Motion eingereicht. Jedes Schwein soll künftig im Stroh schlafen dürfen.
Der Etikettenschwindel ist perfekt: IP-Suisse bezeichnet ihre Ställe «besonders tierfreundlich». Doch weil die Kontrollen versagen, leben viele Tiere im Elend. Das zeigen umfangreiche Recherchen der Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF) aus drei Kantonen.
Solche Bilder hat die Schweiz noch nie gesehen: Schweine werden an Schwanz und Ohren durch die Luft geworfen, mit verbotenen Stromschlägen getrieben, getreten und geschlagen. Das zeigen verdeckte Aufnahmen der Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF).
Sie müssen sich über 100 Kilogramm anfressen in über 100 Tagen, dann gehts ab in den Schlachthof und Ende aus. Das Leben unserer Schweine hat haargenau einen Sinn: ganz viel Fleisch in ganz wenig Zeit. Eine Reportage von Klaus Petrus.
Aktuelle Aufnahmen aus einer Schweizer Schweinemast zeigen ein tristes Dasein in einem Land, das von sich sagt, es habe das strengste Tierschutzgesetz der Welt.
Die Widerstandsfähigkeit von Bakterien gegen Antibiotika nimmt zu: eine Gefahr für Mensch und Tier. Gleichwohl kommen nicht nur in Spitälern, sondern vor allem in den Ställen weiterhin tausende Tonnen von Antibiotika zum Einsatz. Wollte man das ändern, müsste man die Produktionsbedingungen der gegenwärtigen Tierhaltung umkrempeln. Das aber ist utopisch. Von Klaus Petrus und Tobias Sennhauser.
Was vor rund 10.000 Jahren mit der Domestikation wild lebender Tiere begann, ist zur unverzichtbaren Voraussetzung der industriellen Tierhaltung geworden: Mit der Hochleistungszucht sollen die natürlichen Schranken der "tierischen Ressourcen" so erweitert werden, dass sie uns jederzeit zum Vorteil gereichen. Den Schaden tragen die Tiere davon. Von Klaus Petrus (tif).
4 Kommentare
Ich habe im Juni 2020 einen Bio.suisse Betrieb wegen blutiger Schwänze beim Veterinäramt angezeigt. Die gingen vorbei, aber es sei alles i.o.
Der Bauer wollte mir ne Führung andrehen, aber ich habe ihm durch das Veterinäramt ein Nein ausrichten lassen.
Das Veterinäramt kennt diesen Bauer wohl… im schlechten Sinn natürlich. Darum gingen sie relativ schnell vorbei.
Es macht mich unendlich traurig.
Weil ich sowas mit eigenen Augen selbst gehen habe vor über 10 Jahren, esse ich kein Fleisch mehr. Schrecklich, dass sich immer noch nichts geändert hat.
Alle Tiere verdienen ein Leben in Freiheit! Diejenigen die Fleisch konsumieren schauen sich solche Bilder gar nicht an! Auch wer wegschaut ist damit einverstanden, mitschuldig. Es ist einfach erbärmlich, der Bewusstsseinstand der Menschheit!
Bin tief betroffen ob diesem Beitrag, den Fotos, die für sich sprechen. Danke für Eure Stimme für diese Schweine.