28Dez 13
Buchnotiz
„Friss oder Stirb“ (Clemens G. Arvay)
Clemens G. Arvay: "Friss oder Stirb" Ecowin Verlag 2013 211 Seiten, ca. CHF 31.--
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„Auch wir stellen uns eine Hühnerhaltung so nicht vor“, gesteht ein Marktführer angesichts seiner nackten Biohennen. Für den Agrarbiologen Clemens Arvay sind diese Tiere Opfer der Bio-Industrialisierung. In seiner neusten Publikation richtet Arvay sein Augenmerk auf die Macht der Lebensmittelkonzerne. Und auf landwirtschaftliche Alternativen.
Auf einer Reise quer durch Europa lernt der Autor BäuerInnen und Projekte lernen, die eine zukunftsfähige Lebensmittelproduktion versprechen. Zuerst besucht Arvay zahlreiche Bio-Hühnerfarmen, wo er rasch merkt: Er und seine Kamera sind hier nicht willkommen. Den flächendeckenden Einsatz krankheitsanfälliger Hochleistungstiere oder die routinemässige Tötung männlicher Küken kaschiert die Eierlobby geschickt. Letzteres lehnt gemäss Arvays Recherchen kein einziger Bio-Verband im deutschen Sprachraum konsequent ab. Dafür mitverantwortlich sieht Arvay den Lebensmittelhandel. Dieser führe zu einer vereinheitlichten, zentralisierten Lebensmittelproduktion und würde durch Werbung und PR einen künstlichen Markt erschaffen. Doch der Autor zeigt auch landwirtschaftliche Alternativen auf. So porträtiert Arvay BäuerInnen, die unabhängig von Industrie und Detailhandel agieren und eine kleinstrukturierte Landwirtschaft praktizieren. Sie setzen auf dezentrale Produktion, verkürzte Wertschöpfungsketten und Kontakt zwischen KonsumentInnen und ProduzentInnen.
Alternativen bei der Tierhaltung sucht Arvay innerhalb der bestehenden Machtverhältnisse. Er hält mobile Ställe, sogenannte Zweinutzungshühner oder Hausschlachtungen für ethisch vertretbare Verbesserungen. Stillschweigend zementiert er damit den (meist tödlichen) Nutzungsanspruch der Menschen gegenüber den Tieren.
Und doch: der Status Quo ist für Arvay keine Option. Friss oder Stirb müpft zum kritischen Denken und Handeln auf. Mit den weiterführenden Informationen stellt er das Rüstzeug für eine Konsum- und Agrarwende bereit. Schade, gehört vegan nicht dazu.
2 Kommentare
danke für die wertvollen Ergänzungen, Silke!
Ich bedauere ebenfalls, dass Clemens Arvay nicht auf die Möglichkeiten bio-veganer Landbaumethoden eingegangen ist, bei denen auf Tierzucht, -haltung und auf die Nutzung tierlicher Dünger wie Mist und Schlachtabfälle verzichtet wird. Und das obwohl ich ihn im Zuge seiner Recherchen für das Buch umfassend über diese Landwirtschaftsform informiert habe und obwohl er 3 bio-vegan wirtschaftende Höfe vorstellt, ohne sie als solche zu benennen (das Wort vegan kommt in seinem Buch nicht vor): Den Hof von Helmut Butolen, den der Langerhorsts, welche quasi als Pioniere der bio-veganen Landbaubewegung gelten – was ebenfalls vollkommen unerwähnt bleibt – und das Experiment Selbstversorgung, bei dem er überflüssigerweise noch ergänzte, dass solch ein Projekt auch „mit“ Tierhaltung möglich sei.
Dabei ist es doch gerade bemerkenswert, dass bei den Alternativen zur gängigen Lebensmittelversorgung vergleichsweise häufig bio-vegane Höfe und Projekte zu finden sind!