Lieber den Hahn aufdrehen
Seit anfangs Dezember 2010 ist in der Schweiz eine neue Amtsverordnung in Kraft, die unseren Nutztieren einen angenehmen Tod bescheren soll. Fast alle sind mit fast allem zufrieden. Wenn da nicht dieses Geflügel wäre, das sich nur mühselig nach Vorschrift betäuben lässt. Ein Kommentar von Klaus Petrus (tif).
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Kopfüber ins tödliche Bad
Bis zu 10.000 Hühner werden hierzulande pro Stunde und Grossbetrieb an einer Transportkette aufgehängt, wo sie flatternd und kopfüber in ein Strom-Bad getaucht und daraufhin mit einem Schnitt durch die Kehle getötet werden.
Weil es immer wieder geschieht, dass Tiere noch bei Bewusstsein sind, wenn sie ins Messer geraten, wird ein stärkerer Stromstoss empfohlen.
Aber nicht allen Teilen der Geflügelbranche ist das recht. Man befürchtet eine Beeinträchtigung der Fleischqualität, was im Klartext heisst: finanzielle Einbussen.
Zum Wohl der Tiere & aus Liebe zum Geld
Auch der Schweizer Tierschutz (STS) ist mit dem Elektro-Bad unzufrieden. Er sieht es lieber, wenn die Hühner mit einer CO2-Gasmischung betäubt werden. Und geht damit rein zufällig Hand in Hand mit dem grössten Schlächter im Lande. Denn auch für den Fleischverarbeiter Bell ist klar: Wie bei den sensiblen Schweinen, ist auch beim Hühnervolk Gas das Beste. Zudem sei diese Variante weniger arbeitsintensiv.
Bell arbeitet für Coop und hält im Sektor Geflügel mit rund 22.000 Tonnen Eigenschlachtungen pro Jahr einen Marktanteil von 34 Prozent. Tierwohl, das rentieren will.
Keine Zeit für Moral
Bei dieser Debatte über die Effizienz von Strom und Gas bleibt für die Moral kaum Zeit. Und würde vermutlich doch nur stören. Wer möchte schon die Aufmerksamkeit weg vom Poulet auf unsere womöglich fragwürdigen Essgewohnheiten lenken? Und damit auf ein Thema, das dieses Feilschen um einen angenehmen Tod im Akkord überhaupt erst möglich macht?
Der Tierschutz etwa? Das wäre lobenswert, aber eine äusserst gewagte Sache. Schliesslich sollen vom „humanen“ Tod der Tiere alle profitieren dürfen: das Federvieh, die Fleischindustrie und auch das gute Gewissen der KonsumentInnen.
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