Von Präsenz, Protest und Politik
Mit 2025 geht ein intensives Jahr zu Ende. Unser Einsatz galt den Tieren – auf der Strasse, in den Medien und in der Politik.
2025 markiert einen Meilenstein für Tier im Fokus (TIF): Erstmals ist in der Schweiz eine Tierrechtsorganisation mit einem Sitz im Berner Stadtrat parlamentarisch vertreten. Damit werden die Interessen der Tiere direkt in einem Schweizer Parlament eingebracht – sichtbar, verbindlich und auf Augenhöhe mit anderen politischen Interessen.
Trotzdem soll TIF keine Partei werden. Die parlamentarische Arbeit bleibt eines von mehreren Standbeinen unserer Organisation. Politik ist für uns kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um Tiere bei allen Entscheidungen zu berücksichtigen, die sie unmittelbar betreffen.
Der Jahresbericht zeigt die ganz Vielfalt unserer Organisation. Entlang unserer drei langfristigen Ziele aus der Theory of Change dokumentiert er eines der erfolgreichsten Jahre der Vereinsgeschichte.

Voraussetzung: Stärkung der Tierrechtsbewegung
Ein nachhaltiger gesellschaftlicher Wandel zugunsten der Tiere setzt eine starke, vielfältige und gut vernetzte Tierrechtsbewegung voraus. Bevor politische Forderungen Mehrheiten finden oder institutionelle Veränderungen greifen können, braucht es Menschen, die sich austauschen, voneinander lernen, gemeinsame Strategien entwickeln und langfristig engagiert bleiben.
Ein zentrales Element zur Stärkung der Tierrechtsbewegung war im Jahr 2025 die Animal Uprising Week, die von TIF initiiert und bereits zum zweiten Mal durchgeführt wurde. Während einer Woche fanden schweizweit zahlreiche Veranstaltungen statt, organisiert von über 20 Organisationen, die gemeinsam zeigten, wie vielfältig, lebendig und politisch die Tierrechtsbewegung ist. TIF beteiligte sich in Bern mit Stadtrundgängen, politischen Abenden und Workshops. Den Abschluss bildete eine Line of Silence am Bahnhof Bern, bei der Aktivist:innen still auf das Leid von Tieren aufmerksam machten. Anschliessend sorgte das Duo Soya The Cow und Prinz Piano für den musikalischen Höhepunkt.

Ebenfalls von TIF initiiert wurde das Animal Liberation Gathering, ein wiederkehrendes Treffen für die Tierrechtsbewegung in der Schweiz. Aktivist:innen aus der ganzen Schweiz kamen zusammen, um Erfahrungen zu teilen, neue Perspektiven kennenzulernen und gemeinsame Strategien zu diskutieren.
Auf internationaler Ebene nahm TIF mit einer Delegation am Tierrechtskongress in Wien teil und gestaltete diesen mit dem Beitrag «Wir sind im Parlament! Und jetzt?» mit. Der Austausch mit Aktivist:innen, Forschenden und Organisationen aus anderen Ländern ermöglichte es, die eigene Arbeit in einen grösseren Kontext einzuordnen und Impulse für die Weiterentwicklung der Tierrechtsbewegung in der Schweiz aufzunehmen.
Daneben förderte TIF auch im Regionalen den Austausch unter Gleichgesinnten. In regelmässigen akTIF-Treffen konnten aktive Mitglieder laufende Projekte besprechen, Herausforderungen teilen und voneinander lernen. Ergänzend dazu fanden mehrere offene Workshops statt, die vom Amt für Zukunft moderiert wurden und sich mit politischen und strategischen Fragen befassten.
Ein weiterer Fokus lag auf der Frage, wie Engagement langfristig tragfähig bleiben kann. Dazu gibt es unser Care Collective. Dieses Jahr organisierte es mehrmals Yoga für Tierrechtsaktivist:innen und TIF-Mitglieder. Dies boten wir auch in einem Berner Altstadtkeller an, in Kooperation mit dem dortigen Hrdayam. Zu Weihnachten lancierten wir zudem erneut unser veganes Wichteln, wobei sich unbekannte Aktive ein kleines veganes Geschenk zuschicken. Teilgenommen haben über 100 Personen aus der ganzen Schweiz.
Bewegungen entstehen aus der Bevölkerung. Sie wachsen in unabhängigen Gruppen, getragen von Menschen, die etwas verändern wollen. Organisationen können solche Bewegungen unterstützen und langfristig stärken. Diese Rolle übernimmt TIF – seit inzwischen 15 Jahren. Dieses Jubiläum nutzten wir, um uns bei einem gemütlichen veganen Sommerfest ausnahmsweise selbst zu feiern.

1. Gewaltfreie Wertschöpfungsketten
TIF setzt sich dafür ein, dass Produktion und Konsum so verändert werden, dass Tiere nicht länger ausgebeutet werden. Wir legen offen, wo Gewalt an Tieren verübt wird, wie sie im Alltag unsichtbar gemacht wird und welche Alternativen es zu tierlichen Produkten gibt.
Ein zentraler Schwerpunkt lag im Jahr 2025 auf der Aufklärungsarbeit zur sogenannten Nutztierhaltung und zu den realen Bedingungen in der industriellen Tierproduktion. TIF thematisierte strukturelle Missstände, irreführende Werbebotschaften und die Diskrepanz zwischen öffentlicher Wahrnehmung und tatsächlicher Praxis. In Zusammenarbeit mit Animal Rights Switzerland hielten wir einen Vortrag zur Massentierhaltung in der Schweiz, der die Werbung der Realität gegenüberstellte.

Ein wichtiger Hebel dieser Aufklärungsarbeit war unsere Medienpräsenz. 2025 war TIF in rund 90 Medienbeiträgen vertreten, darunter regionale, nationale und internationale Formate. Dazu gehörte ein Auftritt bei SRF zum Leid der Hühner in der Eierindustrie, ein Beitrag in der NZZ zur veganen Ernährung, ein Bericht im Tages-Anzeiger zum Tierschutzskandal in Solothurn sowie ein grosses Interview in der Berner Zeitung zu sogenannten Viehschauen an der Berner Publikumsmesse BEA. Ausserdem berichtete die Süddeutsche Zeitung über unsere Kritik an einem neuen Label zur Tierhaltung in der Schweiz.
À propos BEA: Ihr galt unser umfassender Widerstand. So reichten wir bereits im Vorfeld eine Beschwerde bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission, lancierten einen Vorstoss im Berner Stadtrat und protestierten vor Ort gegen die gewaltsame Zurschaustellung von Milchkühen – mit tatkräftiger Unterstützung von «Trachten statt Schlachten».

Damit die Wertschöpfungskette gewaltfrei werden kann, müssen wir den Konsum von Tieren beenden. Deshalb organisierten wir unser Treffen Vegan Meet & Eat, das (seit 2011!) jeden zweiten Donnerstag im Monat in Bern stattfand. Auch im 2025 erfreute sich das Format grosser Beliebtheit und stiess teilweise sogar an seine Kapazitätsgrenzen.
2. Bewusstseinswandel
Ein nachhaltiger Wandel im Umgang mit Tieren entsteht nicht allein durch politische Entscheidungen. Er setzt auch einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel voraus, der Tiere als fühlende Individuen wahrnimmt und Mensch-Tier-Beziehungen jenseits von Nutzung und Verwertung ermöglicht.

2025 schuf TIF mehrere Gelegenheiten, um Tiere nicht als Konsumgut, sondern als individuelle Lebewesen kennenzulernen. Unsere Patentiere schaffen eine direkte Beziehung mit ehemaligen Tieren aus der Produktion. Sie leben auf verschiedenen Lebenshöfen in der Schweiz. Auf dem Bruffhof und Kuherde organisierten wir 2025 je einen Helfer:innen-Tag. Die praktische Mitarbeit vor Ort, das Kennenlernen der Tiere und der Austausch mit den Menschen, die sich täglich um sie kümmern, machen deutlich, was ein Leben jenseits von Ausbeutung bedeuten kann.
Daneben war TIF auch 2025 im öffentlichen Raum präsent. Mit einer Mahnwache gegen Massentierhaltung in St. Gallen und mit einem Stand am veganen Menta Festival in Bern wurden Gespräche angestossen und Perspektiven eröffnet. Auch die Teilnahme an einer Wolfsdemo gegen die Abschusspolitik des Bundesrats, verbunden mit einer TIF-Rede, setzte ein klares Zeichen für den Schutz von Wildtieren und für einen respektvollen Umgang mit nicht-menschlichen Mitbewohner:innen.

3. Multispezies-Demokratie
Wir verfolgen das Ziel, Tiere nicht nur moralisch, sondern auch politisch mitzudenken. Multispezies-Demokratie bedeutet, politische Entscheidungen so zu gestalten, dass die Interessen aller empfindungsfähiger Lebewesen stets berücksichtigt werden. 2025 war in diesem Zusammenhang ein Schlüsseljahr: Mit dem Einzug von TIF in den Berner Stadtrat wurde erstmals eine explizite Perspektive der Tiere direkt in ein Schweizer Parlament eingebracht. Ausserdem ergatterten wir einen Sitz in der Tierparkkommission.
Im Laufe des Jahres reichten wir verschiedene politische Vorstösse ein zu Themen wie Ernährung, Biodiversität und Tierpark. Mit unserer politischen Arbeit wollen wir nicht nur das Leben von Tieren verbessern, sondern auch andere Parteien dazu bringen, sich zum Tierschutz zu positionieren. Ergänzend dazu gründete TIF eine interfraktionelle Gruppe für Tiere und Biodiversität mit Mitgliedern aus dem Grünen Bündnis, der SP und den Grünliberalen. Ziel der Gruppe ist es, den parteiübergreifenden Austausch zu stärken, langfristige Allianzen aufzubauen und tierschutzrelevante Anliegen frühzeitig mehrheitsfähig zu machen.

Ein wichtiger Bestandteil dieser Arbeit ist Transparenz. Mit dem Podcast und den Veranstaltungen Inside Stadtrat machten wir die Tierpolitik zugänglich. Dort zeigten wir auf, wie das Lobbying für Tiere funktioniert, wo mit Mehrheiten zu rechnen sind und welche Zielkonflikte bestehen. Diese Einblicke richteten sich bewusst auch an Menschen ohne politisches Vorwissen.
Die parlamentarische Arbeit wurde begleitet von regelmässigen Vernetzungstreffen zur Tierpolitik mit Vertreter:innen aus Politik, Verwaltung, Forschung und NGOs. Diese Treffen ermöglichten es, unser Wissen zu erweitern, unsere Positionen zu hinterfragen und neue Impulse in die politische Arbeit einzubringen.

TIF bleibt eine Organisation, die auf mehreren Ebenen wirkt: in der Bewegung, in der Öffentlichkeit, in der politischen Debatte. Möglich ist diese Arbeit nur dank der vielen Menschen, die TIF mittragen. Ein grosser Dank gilt allen Mitgliedern, Aktiven, Pat:innen und Spender:innen, die Zeit, Energie, Vertrauen und Ressourcen einbringen. Ohne dieses Engagement wäre unser Einsatz für die Tiere unmöglich.
Unterstütze unsere Arbeit für die Tiere
Nur gemeinsam können wir der Fleischlobby etwas entgegenhalten. Werde Mitglied bei Tier im Fokus (TIF) und unterstütze unsere Arbeit für die Tiere. Herzlichen Dank!




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