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Ernährung & Konsum

An die Töpfe, fertig, los: BEEF!

In BEEF!, dem neuen Kochmagazin für Männer, geht es schwer zur Sache. Hier wird urzeitliche Härte demonstriert, hier muss Blut fliessen, es müssen Tiere sterben, wie die Macher stolz verkünden. Ein Blick von Klaus Petrus (tif) in eine etwas kindische Publikation, die künftig 4x pro Jahr erscheinen soll.

Text: Tier im Fokus (TIF)

Männer unter sich: Kochen mit Eiern

In BEEF!, dem Kochmagazin „für Männer mit Geschmack“, geht es auf 170 Seiten, mit einer Auflage von 100.000 Exemplaren und für 20 Schweizer Franken schwer zur Sache.

Wie es zu diesem Projekt kam, ist ab Seite 59 sinngemäss einem Erlebnisbericht zu entnehmen: Alles habe damit angefangen, dass Jürgen meinte, man könne ja einmal zusammen kochen, woraufhin Karl zunächst die Nase rümpfte („geh mir weg mit diesem Damenkram“), dann aber doch – ganz Karl – die Herausforderung seines Lebens mit einem „Alter, ich hab Respekt vor deinem Mut!“ annahm.

Bald darauf kam es zur Gründung von „Männer kochen für Männer e.V.“, wobei §2 das saftige Kernstück der Vereinssatzung bildet: „Urzeitliche Härte: keine Possierlichkeit. Wenn Männer kochen, müssen Flaschen zu Bruch gehen, muss Blut fliessen, müssen Tiere sterben – zumindest vorher.“

Gemäss §4 gilt für diesen Verein grundsätzlich ein Frauenverbot. Doch gibt es Ausnahmen: Wenn sich ein paar Jungs zum Geburtstag oder den Champions League treffen, dann darf es schon mal eine „Stripperin“ sein: Eine für alle, alle für eine.

Tierisch tot

Eines muss man BEEF! lassen: Hier wird nichts kaschiert, hier dürfen eine Handvoll in die mittleren Jahre geratene Buben, was andere anderen überlassen:

Auf Seite 11 sieht man unter der Rubrik „Gefangen“ ganzseitig ein Kaninchen an seinen Hinterbeinen aufgehängt, dazu den Text: „Vornüber ins Vergnügen“. „Kein Trick!“, wird beteuert, „für diese Bilder musste wirklich ein Kaninchen sterben. Aber das war es uns wert.“ Was folgt (Seite 12 und 13), ist eine bebilderte „Runter mit dem Pelz“-Anleitung in 10 Schritten: Es wird abgebalgt, zerlegt, zerschnitten. Und dem Metzger im Manne wird dringend empfohlen: „Fassen Sie dabei beherzt ins Fleisch.“

Rund sechzig Seiten später werden Hummer zerteilt, dieses Mal erhält der Leser in 9 Arbeitsschritten eine „Ausbildung zum Panzerknacker“, wie es in der Überschrift heisst.

Die übrigen Kochzeitschriften seien ernst, BEEF! aber soll humorvoll sein, gibt der Herausgeber in einem Interview zu Protokoll.

„Blut muss fliessen“

Die Hymne auf die „feinsten Messer der Welt“ wird eigens in eine Story verpackt. Sie trägt den Titel Tatort Küche (Seite 46-57). Geschildert werden darin u.a. ein „Massaker“ an einem Hardshell-Hummer, ein „Ritualmord“ an einem Bresse-Huhn und eine „Gräueltat“ an einem „noch nicht schulfähigen Oktopus-Weibchen“. Die Täter sind flüchtig, die Tatwaffen aber gesichert, so unter anderem ein Sashimi-Messer (36-cm-Klinge, 3.800 Euro).

Im Impressum des Magazins ist nachzulesen, dass der Autor des Krimis (schon wieder so ein Jan, Jens oder Jürgen) die gesamte Redaktion damit zu überraschen wusste: „zum Sterben schön“. Hier sind wahrlich Buben am Werke.

Lenden, Huft und Brust

Und was für Buben! Das Interview mit einem Gastronomie-Historiker der Pariser Sorbonne (Seite 114-119) soll der Frage nachgehen, ob Männer es schaffen, eine Frau ins Bett zu kochen. Der Professor versucht es mit Shakespeare, gibt sich verhalten bis verdeckt bis peinlich berührt, das Bildmaterial aber entschädigt: Eine nackte Frau, die sich über Seiten hinweg um ihre eigene Achse räkelt und alles tut, um dem Beschauer ihre Lenden, ihre Huft, ihre Brustpartie darzubieten.

Passend dazu ein ganzseitiges Inserat von Gleichgesinnten (gourmetfleisch.de) mit einer abermals schokobraunen, nackten Schönheit, die uns kühl die Schulter zeigt. Darüber baumelt an Kette und Haken ein saftiges Stück Fleisch. „Unsere Steaks sind gut abgehangen“, lautet der Werbespruch (Seite 36).

Dagegen wirkt die Reportage über die „ungewöhnlichste Speisekarte der Welt“ (Peking) schon beinahe selbstkritisch (Seite 25): Ein Dutzend Schafpenisse für 29 Euro, die offenbar nach Lamm schmecken, ein Hundepenis mit Beilage à 8 Euro das Stück, ein „kapitaler Yak-Penis“ auf Salatblättern und zuhauf Schildkrötenpenisse, die nota bene auf die Libido der Frau keine Wirkung zeigen, wie der Auslandkorrespondent offenbar ausgetestet hat.

BEEF! hat’s nötig

Ja, BEEF! ist überheblich, naiv, diskriminierend und unsäglich verklemmt. Aber das Beste daran ist: Wer bisher nicht recht glauben wollte, dass sich im Fleischkonsum immer noch – sozusagen unbewusst – die Dominanz, die Herrschaft und Gewalt des Menschen gegenüber Tieren spiegelt oder wer über etwaige Zusammenhänge zwischen Fleischwerbung und Pornographie bloss lächeln musste, wird mit BEEF! endlich eines Besseren belehrt. Und sich dann hoffentlich eines der hervorragenden Bücher von Carol Adams, Nick Fiddes, Susanna Harringer oder Jim Mason anschaffen.

Auch die Macher des Magazins sind steif davon überzeugt, dass es wenigstens 788 Gründe gibt, sich darin zu vertiefen. So sei BEEF!, nebst vielem anderen, „abgefüllt, abgelaicht, abgestochen, besprenkelt, harpuniert, irremachend, kerzengerade, klitschig, lechzend, lockerflockig, montiert, sabbernd, sackartig, schwitzend, triefend, üppig, vollgespritzt“.

Es scheint, als hätten es Jan, Jürgen, Jens & Co. wirklich nötig. Bleibt zu hoffen, dass sich die Mannsbilder selber zu helfen wissen.

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