17 Prozent der Leute wollen die Schlachthäuser schliessen
Die Kritik an der Tierausbeutung wächst: Fast jede fünfte Person will die Schlachthäuser schliessen. Besonders hoch ist die Ablehnung in der Westschweiz: 35 Prozent wollen das Schlachten beenden. Das zeigt eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Tier im Fokus (TIF).
Archiv
Dies ist ein Beitrag von unserer alten Website. Es ist möglich, dass Bilder und Texte nicht korrekt angezeigt werden.
17 Prozent der Schweizer Bevölkerung befürworten die Schliessung der Schlachthäuser. Besonders hoch ist die Ablehnung in der Westschweiz: 35 Prozent wollen das Schlachten beenden. Damit ist in der französischen Schweiz die Skepsis gegenüber dem Schlachten dreimal höher als in der Deutschschweiz. Nur 55 Prozent der Schweizer Bevölkerung sagen klar «Nein» zur Schliessung der Schlachthäuser.
Wie man zu Schlachthäusern steht, ist auch eine Altersfrage: 90 Prozent der über 65-Jährigen möchte an den Schlachthäusern festhalten, bei den 18- bis 39-Jährigen sind es nur noch 76 Prozent. Ebenso sind es eher weibliche Personen, die das Schlachten beenden wollen: 21 Prozent der Frauen, aber nur 12 Prozent der Männer möchten der Schlachtkultur den Riegel schieben.
Die repräsentative Umfrage wurde im September und Oktober 2018 vom Meinungsforschungsinstitut gfs-zürich im Auftrag der Tierrechtsorganisation Tier im Fokus (TIF) durchgeführt. Teilgenommen haben 993 Personen aus der Deutsch- und Westschweiz.
Fleischmarkt steht unter Druck
Die hohe Zahl an Leuten, die die Schlachthäuser schliessen wollen, überrascht. Eine mögliche Erklärung für die hohe Zustimmung ist der Konsumwandel: Während seit vielen Jahren die vegetarisch-vegane Lebensweise boomt, purzelt der Fleischkonsum. 1990 wurde pro Kopf rund 60 Kilogramm Fleisch konsumiert, im Jahr 2017 nur noch 50 Kilogramm.
Doch der Konsumwandel alleine kann die hohe Zustimmung zur Schliessung der Schlachthäuser nicht erklären. Laut menuCH, einer Studie des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV), ernähren sich nur 4.9 Prozent der Bevölkerung vegetarisch und 0.38 Prozent vegan. Die Ablehnung der Schlachthäuser ist deutlich grösser als die Ablehnung von Fleisch. Während 17 Prozent die Schlachthäuser schliessen wollen, verzichten nur rund 5 Prozent der Leute auf Fleisch.
Diskrepanz zwischen Werte und Verhalten
Ein Teil der Bevölkerung verhält sich widersprüchlich: Viele befürworten die Schliessung aller Schlachthäuser, essen aber gleichzeitig Tierprodukte. Wie geht das zusammen? Die Leute verdrängen die Gewaltkultur an der Fleischtheke. Schuld daran seien mitunter die ebenso hübschen wie irreführenden Werbebilder. Jüngst hat die Schweizer Lauterkeitskommission eine Beschwerde von TIF gegen eine Fleischwerbung von Proviande teilweise gutgeheissen.
Die Umfrage zeigt, dass die Leute politische Veränderungen eher befürworten als individuelle. Trotz weitreichenden Folgen geniesst die Schliessung der Schlachthäuser mehr Rückhalt als ein persönlicher Konsumwandel. Das ist nachvollziehbar: Essen ist eine Gewohnheit, die viele nur ungern ändern.
TIF berücksichtigt dieses gesellschaftliche Muster. Für alle Vegan-Interessierten lancierte die Tierrechtsorganisation eine 30 tägige Vegan Challenge. Um die grosse Mehrheit zu erreichen, unterstützt sie hingegen auch strukturelle Reformen wie die Volksinitiative gegen Massentierhaltung in der Schweiz.
Hohe Westschweizer Ablehnung gegenüber Schlachthäusern
Doch wie kommt die hohe Ablehnung gegenüber Schlachthäusern in der Westschweiz zustande? Ein Grund dürften die verdeckten Aufnahmen aus Schlachthäusern sein. Wiederholt hat die Westschweizer Tierrechtsorganisation Pour l’égalité animale (PEA) schockierende Bilder aus Schweizer Schlachthäusern veröffentlicht. Und im Westschweizer Fernsehen wurden Aufnahmen von der französischen Tierrechtsorganisation L214 gezeigt, die zuvor Frankreich erschüttert hatten. In der Deutschschweiz fanden sie indes kaum Beachtung.
Ausserdem gab es 2018 in der Westschweiz eine Serie direkter Aktionen mit dem Ziel, die Tierausbeutung zu stören oder gar zu verhindern. Dazu gehörten kaputte Scheiben bei Metzgereien, eine offene Tierbefreiung sowie Schlachthaus-Blockaden. Die Aktionen wurden in der Öffentlichkeit mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Doch die anhaltende mediale Berichterstattung dürfte zur Sensibilisierung der Gesellschaft beigetragen haben.
Nicht zuletzt ist die Westschweiz politisch weniger staatskritisch eingestellt als die Deutschschweiz. Das zeigte sich etwa bei den beiden Volksinitiativen «Für Ernährungssouveränität» sowie «Fair Food», die beide in der französischen Schweiz eine Mehrheit fanden. Man fürchtet staatliche Eingriffe weniger, was sich auch in einer hohen Akzeptanz für ein Schlachthaus-Verbot niederschlägt.
Unterstütze unsere Arbeit
TIF leistet seit vielen Jahren kritische Aufklärung zur Schweizer Nutztierhaltung. Unterstütze unsere Arbeit mit einer Spende oder einer Mitgliedschaft. Danke!
Noch keine Kommentare